2012: Ausstellung und Buchvorstellung: Die Goldhaube im Passauer Land
Die Goldhaube
2012: Ausstellung und Buchvorstellung: Die Goldhaube im Passauer Land
Geschichte
Die Goldhaube ist goldglänzendes Gepränge und prunkvolles Accessoire des bürgerlichen und bäuerlichen Festtagskleides.
Seit der Biedermeierzeit gehört die Goldhaube zur Trachtenkultur. Von Linz kommend wurde sie nach verschiedene Stadien der Entwicklung in ihrer Endform in Passau heimisch und bekam ihren Namen: die Passauer Haube. In ihrer hochaufstrebenden schlanken Gestalt, wie sie uns heute bekannt ist, breitete sie sich ab etwa 1820/30 weiter aus. Innaufwärts wurde sie im Rottal getragen, donauaufwärts in Deggendorf und im Bayerischen Wald.
Franziska Peißl (1790–1874), trägt eine Goldhaube zum seidenen Gewand, Pfarrkirchen, Portrait 1823.
Rottaler Trachten aus dem 19. Jahr- hundert, wohl Kößlarn/Rotthalmünster, Aufbruch zum Trachtenfest 1924.
Metzgermeistersgattin aus Simbach a. Inn mit seidenem Gewand, Schal und Goldhaube, 30er Jahre.
Bürgersfrauen aus Passau, um 1825. National-Costüme des Königreiches Bayern.
Die Passauer Goldhauben-Tracht
Die traditionelle Passauer Haube bestand aus einem gefütterten Drahtgerüst, das je nach Zweck und Wohlstand der Trägerin mit goldfarbenem Gewebe, schwarzem oder blauem Tüll oder Stoff bezogen sein konnte und reich verziert war. Weitere Erscheinungsformen sind Halbgoldhauben und Perlhauben (meist aus schwarzen Glasperlen). Die Haube kostete ein gutes „Rossgeld“ (Erlös für ein Pferd).
Heute gefertigte Goldhauben bestehen meist nicht mehr aus reinem Gold, sondern vergoldetem Material.
Neben der Passauer Haube gehört zur Goldhauben-Tracht der Wiener Schal, ein großes wollendes Umhangtuch mit sogenanntem Türkenmuster, bodenlange Seidengewänder, gehäkelte Halbhandschuhe (Stuzl), eine Kropfkette und ein schwarzer Spitzenschirm. Ein neues Accessoire ist das „Sträußerl“, das die Goldhaubenfrauen seit den 1970er Jahren in der Hand tragen.
Goldhaubenfrauen aus Neuhaus am Inn mit der Kropfkette.
Portraitgemälde der Juliane Oster- holzer aus Kirchham, 1975, von Walther Gebauer.
Goldhaubenfrauen beim Maidultum- zug in Passau 2012.
Goldhaubenfrauen aus Untergriesbach mit weißen Stuzln, Sträußerln aus Golddraht, Flitter und Perlen.
Anfertigung
Die Kunst des Goldhaubenstickens übten in früherer Zeit zumeist gewerbliche und spezialisierte Haubenmacherinnen aus. Die Haubenmacherin nannte sich auch Putzmacherin und, wenn sie als ganz vornehm gelten wollte, Modistin. Viele Frauen tragen solch ein übernommenes Erbstück. Die Renaissance der Goldhaube seit den 1970er Jahren jedoch liegt in der Selbstanfertigung der Goldhaube durch ihre Trägerin begründet. Unter der Anleitung einer Sachverständigen haben viele Frauen das arbeitsaufwändige Handwerk erlernt und sticken sich ihre Hauben und das Accessoire zu ihrer persönlichen Festtracht mit Ausdauer, Fleiß und Geduld selbst.
Eine Goldhaube sticken ist filigranes Handwerk und fantasievolle Kunst in einem. Die Stickerin braucht nicht nur Vorstellungskraft, Präzision und Fingerfertigkeit, sondern vor allem auch Ausdauer. Wer sich eine vollbestickte, nicht überbürdende Haube vorgenommen hat, muss sich auf etwa 400 Arbeitsstunden einstellen. Soll die Musterung aufwändiger sein, kommen auch gut und gerne 700 Stunden zusammen. Die Arbeit ist ohne Zweifel mühevoll, aber sie ist auch lohnenswert. Denn am Ende hält die Stickerin eine Kostbarkeit in Händen, deren ideeller Wert die Materialkosten (zwischen 700 und 900 Euro) um ein Vielfaches übersteigt.
Das Grundgerüst einer Goldhaube bildet ein Drahtgestell. Darauf wird rundherum das bestickte Goldband befestigt, der Hauptbestandteil des kunstvollen Kopfschmuckes. In der Mitte des Bandes, oben auf dem Scheitelpunkt, befindet sich der sogenannte Knauf, ein fast kugelförmiger Abschluss. Schließlich gehört noch eine Schleife dazu.
Eine Goldhaube sticken ist filigranes Handwerk und fantasievolle Kunst in einem.
Damit das Goldband bearbeitet werden kann, braucht die Stickerin einen Holzrahmen.
Der Kreis wird als Zeichen der Ewigkeit und der Sonne, das Dreieck als Auge Gottes gedeutet.
In der Stube wiegt Kursleiterin Christa Köberl Perlen, Spiralen und ausge- stanzte Blüten ab.