Notre Dame und die Burgkapelle von Schloss Neuburg

Das Portal der Burgkapelle auf Schloss Neuburg am Inn und das von einer Dornenkrone umwundene Kreuz, Attribut des hl. französischen Königs Ludwig IX. (1214-1270)

Der Kalvarienberg inszeniert das Leiden Christi, dem Georg Ludwig von Sinzendorf große Verehrung entgegenbrachte. Seine Passionsverehrung zeigt sich am Portal der Burgkapelle St. Pankratius.

Über dem Eingangsportal mit Segmentgiebel erhebt sich ein Kreuz von einer Dornenkrone umflochten, Attribut des Königs Ludwig IX, des Heiligen (1214-1270).

Links und rechts die Namenspatrone des Grafen Georg Ludwig von Sinzendorf, hl. Georg und hl. Ludwig IX, der im Jahr 1237 die Dornenkrone erworben hat und die seit dem 19. Jahrhundert in Notre Dame verehrt wird.

Der hl. Georg auf dem Portal ist dargestellt als Ritter in Rüstung mit Ritterrock und Helm, vor seinen Füßen liegt das von seiner Lanze durchstochene und überwundene Drachenungetüm.

Über der Türe Wappenstein des Passauer Fürstbischofs Kardinal Graf von Lamberg und des Hochstiftes Passau.

Das Kreuz ist von einer Dornenkrone umflochten, Attribut des Königs Ludwig IX. des Heiligen (1214-1270) aus dem Geschlecht der Kapetiner.

Ludwig IX., geboren 1215, wurde mit elf Jahren zu Reims zum König gekrönt. Er gehört zu den bedeutendsten europäischen Monarchen des Mittelalters gehört.

Auf einem Kreuzzug, den er 1270 gegen Tunis unternahm, erlag Ludwig einer in seinem Heer ausgebrochenen Seuche. 1297 wurde er durch Papst Bonifaz VIII. (reg.1294-1303) heiliggesprochen.

Er trägt auf dem Haupt eine Königskrone, mit der linken Hand trägt er den Reichsapfel und in der rechten Hand hält er ein heute 1239 erwarb er die kostbaren Reliquien der Dornenkrone Jesu – die kostbarste aller Reliquien überhaupt -, von dem lateinischen Kaiser Balduiun II. (1217-1273) aus Konstantinopel, der der letzte amtierende Kaiser des Lateinischen Reiches war.

Wegen Geldnot des Byzantinischen Reiches waren die Dornenkrone und andere Reliquienschätze (Teile vom Kreuz Christi und die Lanze des Longinus) an den venezianischen Bankier Nicolo Querini verpfändet worden.

Um die Dornenkrone und andere kostbaren Passionsreliquien aufbewahren zu können, ließ König Ludwig IX. im königlichen Palast mitten im Herzen von Paris eine prächtige Kapelle als Schrein erbauen, die Sainte-Chapelle. Damit sah sich Ludwig als Nachfolger von König Salomo, Paris wurde zum neuen Jerusalem, das die heilvolle Reliquie bis zum Jüngsten Tag bewahrt.

Unter seiner Regentschaft wurde 1248 die Pariser Kirche Notre Dame geweiht, in der nun seit Kaiser Napoleon die Dornenkrone liegt. Seit der Französischen Revolution wird die Dornenkrone in den Kathedrale Notre-Dame aufbewahrt und jeden ersten Freitag im Monat gezeigt.

Die Bedeutung der Dornenkrone

Die Dornenkrönung wurde durch Pilatus provoziert, der die Juden wiederholt gefragt hatte, ob sie ihren König denn kreuzigen lassen wollten. Doch Christus wird dann nicht von den Juden, sondern von den römischen Soldaten verhöhnt und verspottet. Sie flochten „eine Dornenkrone und setzten sie auf sein Haupt und gaben ihm ein Rohr in seine rechte Hand und beugten die Knie vor ihm und verspotteten ihn und sprachen: Gegrüßet seist du, der Juden König!“ (Matthäus 27,29; siehe Johannes 19,2-5).

Obwohl eine Krone aus Dornen sehr schmerzhaft ist, ging es hierbei eher um den Spott als die Schmerzen. Hier war der „König der Juden“, der geschlagen wurde, angespuckt und von römischen Soldaten beleidigt. Die Dornenkrone war der Schlusspunkt ihres Spottes, indem ein Symbol der Könige und Majestäten, eine Krone, in etwas Schmerzhaftes und Herablassendes verwandelt wurde.

Die Dornenkrone nimmt unter den Leidenswerkzeugen die wichtigste Stelle nach dem Kreuz ein. Im frühen Mittelalter kommt die Dornenkrone in Kreuzigungsdarstellungen und bei Kruzifixen kaum vor; an ihrer Stelle erscheint die Königskrone oder Lorbeerkranz als Zeichen des Triumphes bzw. des über den Tod triumphierenden Christus. Erst durch die Vorstellung der Mystik vom leidenden Christus hl. Bernhard von Clairvaux: Compassio- hineinversetzen in das Leiden Jesu Christi) werden Darstellungen mit der Dornenkrone häufiger. In der Spätgotik tritt die Dornenkrone als barbarisches Marter-instrument naturalistisch in Erscheinung. Als Attribut findet sich die Dornenkrone in den Händen von Joseph von Arimathäa (Kreuzabnahme Christi) und des König Ludwig des Heiligen.

Aus der brennenden Kathedrale Notre-Dame (16. April 2019) konnte die Dornenkrone Christi gerettet werden.

Kaiser Ludwig IX. der Heilige

Ludwig IX. von Frankreich nimmt im August 1239 die Reliquien der Dornenkrone, des Heiligen Kreuzes und der Heiligen Lanze in Empfang, die zwei Dominikanermönche mit einem großen Gefolge aus Venedig nach Frankreich gebracht hatten. Chroniques de Saint-Denis, 14. Jahrhundert. British Library, MS Royal 16 G VI, fol. 395.

Die Dornenkrone Christi

In der linken Chorwand der Burgkapelle hat Sinzendorf eine aus rotem Marmor gefertigtes Nischen-gehäuse für eine Reliquie der Dornenkrone Christi anbringen lassen. Die Nischenöffnung flankieren Voluten. Im rundbogigen Giebel ist ein Relief der Verspottung Christi aus weißem Marmor.

Verspottung Jesus

Jesus von Nazareth ist sitzend mit verbundenen Augen dargestellt. Seine Hände und Arme sind mit einem Seil gefesselt. Umringt wird er von drei Folterknechten, der eine hat die Faust erhoben, um auf den Gefesselten einzuschlagen. Von rechts tritt ein Mann hinzu, der mit seiner rechten Hand den im Zuschlagen begriffenen Folterknecht zurückhält.

Das Passionsgemälde „Stabat Mater“ von Georg Urtlmayr in der Burgkapelle, um 1675

Stabat Mater von Georg Urtlmayr

Das Bild der stehenden Mater Dolorosa entwickelte sich schon in der im Mittelalter und bezieht sich direkt auf das aus dem 13.Jahrhundert stammende Gedicht Stabat mater.

Das Stabat mater (nach dem Gedichtanfang Stabat mater dolorosa) ist ein mittelalterliches Gedicht, das die Mutter Jesu in ihrem Schmerz um den gekreuzigten Jesus als zentralen Inhalt hat und die Gottesmutter in ihrem Schmerz um den Gekreuzigten besingt. Der spirituelle Gehalt kreist um die Leidensgeschichte Jesu, an der Maria nach dem Zeugnis der Bibel (Johannes 19,25ff) unter dem Kreuz stehend Anteil nimmt. Sie wird so zum Vorbild in der „compassio“, dem Mitleiden mit ihrem Sohn.

Bilder und Affekte des Gebets sind von großer Eindringlichkeit und Ausdruckskraft, weil das Thema des Leidens Christi in geradezu leidenschaftlicher Weise in Erinnerung gerufen wird und der Beter sich selbst in das Geschehen auf Gologatha hinein meditiert. Am Ende steht die Hoffnung auf Erlösung durch Christi Leiden, Sterben und Auferstehen.

1521 fand das Stabat Mater Eingang in das Missale Romanum, wurde aber wie fast alle Sequenzen nach dem Konzil von Trient im Gottesdienst nicht mehr tradiert. 1727 wurde es bei der Einführung des Festes des Gedächtnisses der Schmerzen Mariens in das Missale und in das Brevier aufgenommen und gehört seither wieder zur katholischen Liturgie.

Einen besonderen Ort hat Stabat Mater am 15. September, dem Gedächtnis der Schmerzen Mariä. Das Stabat Mater ist gleichsam ein poetisch und zudem musikalisch gestalteter Blick auf die Passion Christi aus der Perspektive seiner Mutter Maria. Die bekannteste deutsche Übertragung des Stabat mater stammt von Heinrich Bone.

Viele Komponisten ließen sich deshalb durch die Worte des Stabat Mater inspirieren und legten häufig auch ihre eigene Marienfrömmigkeit in das Werk hinein: von Palestrina über Scarlatti sowie Joseph Haydn, Gabriel Rheinberger, Antonin Dvorak und Gioacchino Rossini bis zu neueren Werken, etwa von Francis Poulenc, Arvo Pärt oder Wolfgang Rihm und Knut Nystedt.

Das bereits im 18. Jahrhundert berühmteste und bis heute oft aufgeführte Stabat Mater ist jenes von Giovanni Battista Pergolesi (1710–1736), das den Leipziger Thomaskantor Johann Sebastian Bach so überzeugt hat, dass er die gesamte Komposition zu einer deutschen Kirchenkantate mit dem Titel „Tilge, Höchster, meine Sünden“ umgearbeitet hat.

Im 20./21. Jahrhundert finden viele Komponisten neue Ausdrucksformen für die Fülle der Emotionen, die ihnen im Stabat Mater begegnet. Sie nehmen die alten Worte als Grundlage neuer musikalischer Werke, die in ihrer Sinnlichkeit zum Hören, in ihrer Stimmigkeit zum Nachdenken und in ihrer Expressi-vität zum Glauben anregen können.

In deutscher Übertragung finden wir im Gesangbuch „Gotteslob“ unter der Nummer 532 “ das Stabat Mater „als Übersetzung in Reimen von Heinrich Bone, 1847 : Christi Mutter stand mit Schmerzen.

Der Passauer Maler Georg Urtlmayr (+1689) lieferte in den Jahren 1674 und 1675 im Auftrag des Grafen Georg Ludwig von Sinzendorf neun Passionsbilder und vierzehn Kreuzwegbilder für die Burgkapelle. Urtlmayr schuf 1678 ein Marienbild, das eine besondere Verehrung erfuhr. Als 1751 in der Herrenkapelle ein neuer Hochaltar errichtet wurde, bildete das Bild dessen Mittelpunkt. Um 1855 kam das Gemälde in den Dom als Maria mit der Kirsche.

Eines dieser Passionsbilder ist noch in der Burgkapelle vorhanden, das „Stabat Mater“. Im rechten Bildrand ist die Mater Dolorosa (lat.schmerzensreiche Mutter“ auch „Schmerzensmutter“), stehend dargestellt. Sie blickt leidend zum Himmel mit einem Schwert in der Brust. Ihr gegenüber ist der leidende Jesus nach der Geißelung zu sehen. In der Mitte ist das von zwei Putten aufgerichtete Kreuz zu sehen.

In der Mystik haben sich die Gläubigen intensiv in die Leidensgeschichte versenkt. Sie erlebten dabei bis ins Einzelne die Passion Jesu und die Angst und die Schmerzen seiner Mutter, die zum Vorbild des Mit- Erleidens wird. Daraus erwachsen Bilder, bei denen ihr Schmerz eindringlich gemacht wird.

Biblische Grundlage ist vor allem das Seherwort des greisen Simeon an Maria bei der Darstellung des Herrn im Tempel (Mariä Lichtmess): „Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen“ (Lk 2,35 EU). Hierauf bezieht sich die christliche Ikonographie mit dem Bild der Mater Dolorosa, der als Symbol des Schmerzes ein Schwert in die Brust dringt.

Stabat mater dolorosa
Iuxta crucem lacrimosa,
Dum pendebat filius.
Cuius animam gementem,
Contristatam et dolentem
Pertransivit gladius.

Christi Mutter stand mit Schmerzen
bei dem Kreuz und weint von Herzen,
als ihr lieber Sohn da hing.
Durch die Seele voller Trauer,
schneidend unter Todesschauer,
jetzt das Schwert des Leidens ging.
Welch ein Schmerz der Auserkornen,
da sie sah den Eingebornen,
wie er mit dem Tode rang.
Angst und Jammer, Qual und Bangen,
alles Leid hielt sie umfangen,
das nur je ein Herz durchdrang.

Ist ein Mensch auf aller Erden,
der nicht muss erweichet werden,
wenn er Christi Mutter denkt,
wie sie, ganz von Weh zerschlagen,
bleich da steht, ohn alles Klagen,
nur ins Leid des Sohns versenkt?

Ach, für seiner Brüder Schulden
sah sie ihn die Marter dulden,
Geißeln, Dornen, Spott und Hohn;
sah ihn trostlos und verlassen
an dem blutgen Kreuz erblassen,
ihren lieben einzgen Sohn.
O du Mutter, Brunn der Liebe,
mich erfüll mit gleichem Triebe,
dass ich fühl die Schmerzen dein;
dass mein Herz, im Leid entzündet,
sich mit deiner Lieb verbindet,
um zu lieben Gott allein.

Drücke deines Sohnes Wunden,
so wie du sie selbst empfunden,
heilge Mutter, in mein Herz!
Dass ich weiß, was ich verschuldet,
was dein Sohn für mich erduldet,
gib mir Teil an seinem Schmerz!

Lass mich wahrhaft mit dir weinen,
mich mit Christi Leid vereinen,
so lang mir das Leben währt!
An dem Kreuz mit dir zu stehen,
unverwandt hinaufzusehen,
ist’s, wonach mein Herz begehrt.

O du Jungfrau der Jungfrauen,
woll auf mich in Liebe schauen,
dass ich teile deinen Schmerz,
dass ich Christi Tod und Leiden,
Marter, Angst und bittres Scheiden
fühle wie dein Mutterherz!

Alle Wunden, ihm geschlagen,
Schmach und Kreuz mit ihm zu tragen,
das sei fortan mein Gewinn!
Dass mein Herz, von Lieb entzündet,
Gnade im Gerichte findet,
sei du meine Schützerin!

Mach, dass mich sein Kreuz bewache,
dass sein Tod mich selig mache,
mich erwärm sein Gnadenlicht,
dass die Seel sich mög erheben
frei zu Gott in ewgem Leben,
wann mein sterbend Auge bricht!