Schloss Zell an der Pram
Schloss Zell an der Pram
Nach 1760 ließ Graf Josef Ferdinand von Tattenbach an Stelle einer mittelalterlichen Wasserburg Schloss Zell an der Pram in seiner jetzigen Gestalt als imposanten Landsitz errichten. Den Neubau leitete der kurfürstliche Oberbaumeister Franz von Cuvillies der Jüngere (1731-1777).
In den Sommermonaten der Jahre 1771-72 schuf der Münchener kurfürstliche Hofmaler Johann Christian Thomas Wink (1738-1797) Wink mit den malerischen Mitteln des Rokoko das weitläufige Programm der Wand- und Deckenfresken des Schlosses. Er wurde unterstützt vom Münchener Theatermaler Josef Damian Stuber (1718-1787).
Die Freuden des Landlebens- ein heiteres Programm für den Landsitz eines Adeligen
Allegorie der Freuden des Landlebens, um 1772 Öl auf Leinwand, H. 79,0 x B. 133,0 cm Wien, Belvedere, Inv.-Nr. Lg. 39
Während in der Mitte des Freskos auf seinem von vier Sonnenpferden gezogenen Wagen dahinstürmt, um die Nacht zu verteiben, erhellt das ihm folgende Licht die Freuden des Landlebens. In paradisischer Harmonie und Leichtigkeit tummeln sich unzählige, teils erotisch-kokette Figuren über das gemalte Himmelszelt, um sich der Musik, dem Tanz, dem Spiel, der Jagd und anderen Musen hinzugeben.
Vor Phöbus Apollo flieht die Nacht. Sie schleppt das dunkelblaue, sternenübersäte Himmelssegel und wird von Eule und Fledermaus begleitet. Schwere Wolken mit regengießenden Genien umgeben sie. Vor Phöbus schweben Eos- Aurora (Morgenröte) und Sirius auf seinem Flügelroß. Sirius, auch Hundsstern, Aschere oder Canicula genannt, ist als Doppelsternsystem des Sternbildes „Großer Hund“ das südlichste sichtbare Himmelsobjekt des Wintersechsecks. Mit Strahlen, die das ganze Bild durchhellen, beleuchtet der Sonnengott die „Freuden des Landlebens“.
Auf der Nachtseite sind die Freuden des Gartenlebens um einen zierlichen Rundbau des Klassizismus zwischen Palmen, Orangenbäumchen und Taxushecken dargestellt. Pomena, die Göttin der Gartenfrüchte, erhält von einer alten Frau einen Apfel. Reizvoll sind die Nebenfiguren der Nymphe und er spielenden Putten, die auch Blumengirlanden durch die Luft tragen. Nach rechts wird die Szene von einer Gruppe von Quellnymphen vor einem Springbrunnen begrenzt.
An der Decke gegenüber der Fensterwand können wir ein Konzert der neun Musen mit ihrem Anführer Phöbus-Apollo Musagetes belauschen. Sie spielen Lyra, Baßgeige, Gitarre, Flöte, Waldhorn, Zimbel und Tamburin. Putten halten die Notenblätter, spielen mit und tanzen.
Die Waldhornbläser leiten über zum Aufbruch der Göttin Artemis-Diana mit ihrem Jagdgefolge. Besonders die Nebenfiguren und die Jagdhunde, sowie das Zelt als rohen Stämmen legen Zeugnis ab von der guten Beobachtungsgabe des Künstlers.
Die Göttin Artemis Diana ist bereit zur Jagd und wartet auf ihr Gefolge. Großartig der Putto, der den Jagdhund zurückhält, während vor ihm eine Jägerin bereits dem aufgespürten Wild nacheilt.
Rechts geht um die Verherrlichung des Ackerbaus. Zentral auf einer Anhöhe, unter einem Palmenbau stehend, zeigt Ceres, die Göttin der schöpferischen Naturkraft (griech. Demter, Stifterin des Ackerbaus) auf Feldfrüchte im Korb eines vor ihm sitzenden Mädchens. Ihr Blick ist auf einen Drachenwagen gerichtet, in dem ein Genius einen Getreidebund bringt. Eine Frau führt einen von Putten gezogenen Pflug. Bocksfüßige Faunsgestalten bringen Feldfrüchte oder vertreiben sich spielend die Zeit.
Auf der Längsseite über den Fenstern werden verschiedene Arten der Jagd und Fischerei geschildert. In der Mitte trennt und überhöht ein verfallener Turm die Komposition. Für die Vogeljagd stehen Lockvögel in Käfigen im Vordergrund. Auch Putten und Nymphen mit Falken, die auf Hasen und Wasservögel angesetzt sind, sind dargestellt.
Rohrkolben leiten über zur Fischerei. Fischer ziehen ihr Netz über den Kahn. Links übernehmen Frauen die Ausbeute. Im Vordergrund liegen Ranzen, und ein Angler kehrt mit einer Tonne erfolgreich zurück.
An den Seitenwänden des Festsaales befinden sich zwischen den Fenstern acht tafelbildähnliche Fresken, die Liebespaare aus dem griechisch-römischen Sagenkreis darstellen. Ihre Farbigkeit kontrastiert mit dem Grisaillencharakter der übrigen Wände und leitet geschickt zur farbenfrohen Deckenmalerei über. Rechts: Die erzürnte Göttin Artemis schickte einen wilden Eber auf die Fluren des Königs Kalydon. Sein Sohn Meleager erlegte das Untier, das die schöne Jägerin Atalanta bereits verwundet hatte. Für diese Tat erhielt sie von Meleager Kopf und Haut der Beute. In der Komposition des Bildes wird die aufkeimende Liebe zwischen Meleagar und Atalanta mit den typischen barocken Gestaltungsmitteln sichtbar gemacht.
Endymion und Selene: Endymion wurde von Sele, der Mondgöttin, geliebt. Sie ist die Schwester des Helion und der Eos. Der schöne Jäger war von ihr mit einem ewigen Schlaf beschenkt worden, damit ihn die Göttin immer finden und küssen konnte. Sie gilt als Schutzherrin der Zauberei.
Endymion ist in der griechischen Mythologie der schöne und ewig jugendliche Liebhaber der Mondgöttin Selene, die später mit Artemis (römisch Diana) gleichgesetzt wurde. Selene verliebt sich in Endymion. Sie versetzt ihn in eine Höhle auf dem Berg Latmos in Karien. Dort lässt sie ihn mit der Hilfe von Zeus in ewigen Schlaf sinken, um ihn vor dem Tod zu bewahren und ihm dadurch ewige Jugend zu schenken. Jede Nacht kommt sie zu ihm in die Höhle und zeugt mit ihm insgesamt fünfzig Töchter. Dass Selene mit Endymion fünfzig Töchter bekommt, deutet darauf hin, dass sie ihre eigenen Mondpriesterinnen gebiert, die in einer Gemeinschaft von fünfzig Jungfrauen auftreten.
Herakles und Omphale: Herakles musste sich nach seinen ihm auferlegte, schweren Arbeiten zu einem weiteren Knechtsdienst verpflichten. Als Sklave und Gatte der Königin Omphale von Lydien verweichlichte er sehr. Sie kleidete sich in die Löwenhaut des Helden. Er aber spann Wolle und trug Frauenkleider, bis seine Dienstjahre bei der Königin vorüber waren.
Omphale ist eine Gestalt der griechischen Mythologie. Sie war Witwe des Tmolos Königin von Mäonien (Lydien). Herakles musste als Sühne für die Ermordung des Iphitos als Sklave dienen und wurde von Omphale gekauft. Er diente ihr ein Jahr lang. In dieser Zeit bestrafte Herakles Räuber, die das Land seiner Herrin unsicher machten, und verteidigte es gegen einfallende Feinde. Als die Königin erfuhr, wer der Sklave war, heiratete sie ihn. Es werden zwei oder drei Söhne genannt (Lamos, Agelaos, Tyrsenos). In blinder Liebe zu ihr und verweichlicht durch üppiges Leben ließ sich der Heros herab, Frauenkleider anzuziehen, Wolle zu spinnen und andere Frauenarbeit zu verrichten, wogegen sie sein Löwenfell und die Holzkeule trug. Als die Zeit der Strafe vorüber war, erkannte der Held seine Verblendung und verließ Omphale. Die Grundzüge des Mythos sind schon im 5. Jh. vor Chr. nachgewiesen, nicht unerwartet im Satyrspiel und der Komödie, die Vertauschung der Gewänder aller-dings findet sich erst seit dem 1. Jh. v. Chr., vor allem bei den Römern (Ovid, Properz, Seneca). Die naheliegende Verspottung von – angeblich – verweichlichten Männern ist bereits greifbar für Perikles/Aspasia (Plutarch, Perikles 24), dann vor allem in der Propaganda des Augustus gegen Marcus Antonius/Kleopatra (Plutarch, Antonius 90,4).
Auf dem ovalen Fresko des ostwärtigen Ganges im ersten Stock entführt Chronos, der Gott der Zeit und Urgrund aller Dinge, der als ein geflügelter alter Mann mit Bart dargestellt wird, ein bekränztes Mädchen als Symbol für die Jugend. Ein fliegender Putto trägt die Sense (das Zeichen für Lebensende) und die mit der Sense abgeschnittene Pflanze, die die Jugend sowohl in der Hand hält als im Haar trägt.
Die fünf Sinne
Der Sehsinn: In der ostwärtigen Galerie werden die fünf Sinne dargestellt. Hier ein Ausschnitt aus der Gruppe Gesichtssinn. Zwischen den beiden Putten mit dem astro, dem astronomischen Fernrohr, ein dritter mit einem Zwicker.
Geruchssinn und Geschmackssinn: Den Geruchssinn versinnbildlicht die altitalienische Blumen-und Frühlingsgöttin Pamona, den Geschmackssinn Dionysios-Bacchus, der Gott des Wachstums der Erde und besonders des Weines. Von einem Putto wird ihm der Thyrsosstab gereicht. Der Thyrsosstab ist Attribut von Dionysos.
Der Gesichtssinn wird mit Hilfe von Instrumenten, zwei Fernrohren, anschaulich gemacht. Rechts betrachtet ein Putto sein Gesicht freudig überrascht in einem Spiegel.
Das Gehör wird von zwei Mädchen mit Laute und Querflöte dargestellt. Im Kontrapost, im Gegenüber der Bewegungen, besonders betont durch die Linienführung der Instrumente, hat der Maler die Gruppe im Sinne barocker Bildtradition zusammengefasst.
Der Ausschnitt mit den beiden Putten aus dem Mittelgemälde der Galerie zeigt Grundelemente barocker Deckenmalerei. Die Frontansicht des einen Putto erhält Halt durch die Seitenansicht und die aufragende Gebärde des anderen.
Der Tastsinn: Der Schmerz wird durch das Zuschlagen der Schere des Krebses sichtbar. Entsetzen im Ausdruck des erschreckten Kindes. Der Kontrapost, eine spiegelbildliche Gegenüberstellung zweier Personen und ihrer Gesten, verschafft dieser reizvollen Gruppe Raum und Spannung.
Die beiden Alten. Greis und Greisin hingelagert im Kontrapost. Der Alte hingestreckt, sie aufgerichtet auf ihrem Stock.
Im Treppenhaus Opfer der Diana (Göttin der Jagd), das Opfer der Kybele (große Muttergottheit) und farbige Durchblicke in illusionistischer Art: ein Türke, an einem Gitter lehnend.
Im Deckenbild dominiert Hermes (Merkur). Er war ursprünglich der Gott der Hirten. Hier ist der Götterbote, der den Frieden und mit ihm Handel und Glück bringt. Die bösen Mächte und die Zwietracht werden mit Blitzen vertrieben. Den quadratischen Deckenspiegel umrahmt ein schon klassizistisch empfundenes Band von Blumengirlanden.
Im mittleren ovalen Medaillon des Ganges an der Ostseite des Stiegenhauses schweben die drei Grazien in den lichten Wolken. Die griechischen Göttinnen der Anmut werden Aglaia (Festesglanz), Euphrosine (Frohsinn) und Thalia (Lebensglück) benannt. Sie werden bei den Römern als Grazien zusammengefasst.
Spielende Putten, die Blumen- und Traubenkränze in die Schönheit des barocken Himmels tragen