Die Burgkapelle St. Pankratius auf Schloss Neuburg 2018 und 2019 wegen Restaurierung geschlossen
Die Burgkapelle St. Pankratius auf Schloss Neuburg
Die Burgkapelle St. Pankratius auf Schloss Neuburg wird saniert und ist deswegen 2018/ 2019 geschlossen. Das Gemäuer zeigt Risse, Regenwasser dringt ein, der Fußboden hat sich beim Altar abgesenkt. Die Restaurierungsmaßnahmen umfassen Statik und Sicherung der Wandfresken. Als Besitzer der Neuburg ist der Landkreis Passau Maßnahmeträger.
Die Burgkapelle St. Pankratius wurde in der Zeit des Kammerherrn Hanns von Rohrbach (+1467) erbaut. Hanns von Rohrbach kaufte im Jahr 1463 die seit 1310 zum Habsburger Herrschaftsgebiet gehörende Grafschaft Neuburg von Kaiser Friedrich III. (1440-1483) für eine Summe von 36000 Taler. Von 1463 bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1467 gestaltete Hanns von Rohrbach die mittel-alterliche Burg nicht nur militärtechnisch um, sondern verwandelte die Neuburg in einen Adelssitz mit Wohnkomfort. In der Hauptburg entstanden zahlreiche repräsentative Säle mit Netzrippengewölben. In die Mitte des innseitigen Burgenkomplexes wurde die Burgkapelle hineingestellt.
Die Burgkapelle ist dem römischen Märtyrer St. Pankratius geweiht, der wahrscheinlich in der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian für seine Glaubensüberzeugung starb. (geb. 290 in Phrygien, gest. 304 in Rom). Der Name Pankratius kommt aus dem Griechischen und bedeutet „der alles Beherrschende“. Er war der Legende nach der Sohn eines reichen Phrygiers. Als 14 jähriger Waise kam er mit seinem Onkel Dionysius nach Rom und wurde durch Papst Kornelius in die Kirche aufgenommen. Nach dem Tode seines Onkels wurde er gefangen genommen, vor den Kaiser geführt und auf dessen Befehl an der Via Aurelia enthauptet.
Mit Servatius und Bonifatius von Tarsus zählt Pankratius zu den Eisheiligen, deren Feste Mitte Mai volkstümlich mit den meist zu dieser Zeit auftretenden Nachfrösten in Verbindung gebracht werden. Pankratius wird stets jugendlich in bürgerlicher oder ritterlicher Tracht gezeigt.
Bauernregel zum Gedenken an den Eisheiligen Pankratius
Wenn´s an Pankratius gefriert, so wird im Garten viel ruiniert
Ist Sankt Pankratius schön, wird guten Wein man sehn
Ansicht der Hauptburg vor dem Umbau, Skizze des Architekten Karl Kieffer, 1908
Als im Jahr 1908 der Umbau der Neuburg zu einem Künstlererholungsheim vom Bayerischen Landesverein für Heimatschutz in Angriff genommen wurde, bezog man auch die Burgkapelle in diese Restaurierungsmaßnahme ein. Die Planskizzen vor und nach dem Umbau zeigen, dass über die ganze Hauptburg ein einheitliches Dach gezogen wurde.
Burgkapelle und neues Treppenhaus als dreiteilige Loggia, Plan von 1909
Bevor das Künstlererholungsheim im Jahre 1922 eröffnet wurde, führte des Landesamt für Denkmalpflege in der Burgkapelle St. Pankratius umfangreiche Instandsetzungsarbeiten durch.
Im Zuge dieser Renovierung wurden 1920 von Joseph Schmuderer Fresken an der Chor-Südwand freigelegt, die mit nasser Kalktünche (Fresko-Secco) auf trockenem Putz ausgeführt waren. 1920 hat Georg Hager, Generalkonservator der Kunstdenkmäler und Altertümer Bayerns am Landesamt für Denkmalpflege, die künstlerisch wertvolle Fresken beschrieben und stellt sie in die erste Reihe der gotischen Wandmalereien in Bayern. Er datiert sie um 1460-70.
Gotische Wandmalereien, freigelegt von Joseph Schmuderer im Jahr 1920
Im Zug der Renovierung der Burgkapelle in den Jahren 1920/21 wurde ein monumentales Tafelgemälde von Carl Johann Becker-Gundahl (1856-1925) vom Portal aus gesehen hinten links angebracht. Es trägt den Titel „Taufe Christi“ und zeigt die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer im Jordan. Das gleiche Motiv in der gleichen künstlerischen Machart befindet sich auch als Altarbild in der Kirche St. Johann der Täufer in München- Solln, wo Becker-Gundahl sein Wohnhaus hatte. Becker- Gundahl, bekannt durch seine sakralen Fresken in Kirchenräumen, war von 1910 bis 1924 Professor für Maltechnik an der Münchner Akademie der Bildenden Künste und Kollege von Franz von Stuck. Eine große Freundschaft verband ihn mit Gustav Ritter von Kahr.
„Taufe Christi“ um 1920 von Carl Johann Becker-Gundahl (1856-1925)
Portrait von Becker-Gundahl
So kann man annehmen, dass auf Vermittlung von Dr. Kahr das Monumental-bild in die Burgkapelle von Schloss Neuburg kam. In Becker-Gundahls Schaffen zeigt sich das Ringen um die große monumentale Form des religiösen Bildes. 1919 war er vom Bamberger Domkapitel, vertreten durch den Weihbischof Dr. Senger, beauftragt worden, Entwürfe für die Ausmalung der Ostapsis des Domes anzufertigen, die bis 1924 aus Anlass des 900. Gedächtnistages des Todes von Kaiser Heinrich II. fertig sein sollten. Die Arbeiten waren begleitet von wütenden Protesten und kamen über das Entwurfsstadium nicht hinaus, wurden aber im Rahmen einer Domausstellung präsentiert. Der Bamberger Streit, an dem sich Kultusministerium, Kunstwissenschaft, Kunstkritik und Laien beteiligten, führten zur Beendigung dieses Projektes. 1925 Jahr später starb Becker-Gundahl. Wenige Monate nach seinem Tod übernahm 1927/28 Karl Caspar (1879-1956), damals Präsident der „Sezession“, die Ausmalung jener Apsis, die zugleich eines seiner bedeutenden Werke werden sollte: Christus als Wiederkommender in einer Mandorla, zu Füßen zwei aus einer Quelle trinkende Hirsche, die für die Gott suchende menschliche Seele stehen.
Der schwarz-goldene Hochaltar wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von dem damaligen Besitzer der Neuburg aus der Ursulakirche des Spitals in Vilshofen erworben. Der Altar trägt die Jahreszahl 1686, das reich geschnitzte Antependium stammt aus dem Jahr 1744. Das Altarblatt zeigt St. Blasius, der zu den 14 Nothelfern bei Halskrankheiten gezählt wird, als Bischof in Pontifikalkleidung mit Bischofsstab. Assistiert von zwei Geistlichen wendet er sich in einem Gefängnis einem Gefangenen zu, den er von seiner Kette an seinem Hals befreit hat. Der Gefangene deutet auf seinen Hals, der von einem Tuch bedeckt ist. Rechts neben dem Bischof sind zwei weitere Gefangene an Fußeisen festgekettet.
Der Altar wird von den Figuren des hl. Florian und des hl. Georg flankiert.
Hochaltarbild mit der Darstellung des hl. Blasius
Die beiden Grabdenkmäler zu Seiten des Hochaltars sind Abgüsse der Grabplatten für Graf Ekbert I. und seine Gemahlin Mathilde in der Klosterkirche zu Vornbach am Inn.
Die Burgkapelle ist ein hoher kreuzgewölbter Raum im spätgotischen Stil, dessen Rippen im dreifenstrigen Chor aus Laubwerkkapitellen hervorwachsen.
Neben den Spitzbögen der Gurtrippen treten die steileren Spitzbögen an den Wänden hervor, die untereinander sehr verschieden breit sind, was eine besondere Spannung erzeugt. Durch die Abwechslung in den Formen der Spitzbögen und in den Breiten der einzelnen von Spitzbögen abgeschlossenen Flächen steigert sich die Bewegung des Raumes in die Höhenregion. Die Apsis ragt aus dem Baublock des Palas heraus.
Die Burgkapelle von der Innseite
Stifterpaar Hanns und Scholastika von Rohrbach mit Schriftbändern, Zustand 1920
Ein 1,80 Meter hohes Fresko zeigt das kniende Stifterpaar Hanns und Scholastika von Rohrbach mit Schriftbändern.
Vom Ritter ist nur der unbedeckte Kopf mit Lockenhaar erhalten sowie der Oberkörper bis zur Mitte der Brust. Vor der Frauengestalt lehnt ein Wappenschild. Links sitzt die heilige Maria mit hoher Bügelkrone auf einem Thron, von einem grünen und roten Baldachin überdacht. Wie sie sich vorneigt, ist der Kopf mit den in hohen Spitzbögen geschlossenen zierlichen Bügeln der Krone ganz von anmutiger Hoheit beseelt. Dahinter steht der heilige Jakobus Major in grünem Rock, rotem Mantel und Pilgerhut, in der Linken hat er eine Muschel, die Rechte liegt schützend auf der Schulter des Ritters. Hinter der Frau steht die heilige Dorothea in rotem Kleid und grünem Mantel, in der Rechten hält sie einen Blumenkorb, die Linke berührt den Schleier der Frau. Zwischen Jakobus und Dorothea steht der heilige Philippus in blauem gegürtetem Rock und weißem, über den Kopf geschlagenem Mantel. In der Linken hält er das Kreuz, auf das er mit der Rechten weist. Hinter Jakobus und Philippus stehen noch zwei Heilige, links ein Ritter mit Plattenharnisch mit der altertümlichen Kugelbrust und Fürstenhut mit rotem, weiß gefüttertem Mantel, in der Rechten ein undeutliches Attribut. Wenn es ein Pfeil ist, könnte es der heilige Sebastian sein. Der heilige Johannes Baptista rechts daneben hat ein härenes Gewand an. Mit der linken Hand hält er ein geschlossenes Buch mit Lamm, auf das er mit der rechten weist. Im Hintergrund hängt ein Brokatteppich über eine Stange herab, oben von zwei Engeln gehalten.
Engel mit dem Schweißtuch der Veronika, hl. Christophorus, hl. Sebastian, hl. Georg, Wappen des Stifters Sigmund von Niederthor
Ein größeres, 1484 datiertes Wandbild befindet sich an der linken Langhauswand: oben im Spitzbogenfeld schweben zwei mit Alba und Stola bekleidete Engel, das Schweißtuch der Veronika haltend. Zuoberst im Scheitel des Spitzbogenfeldes kann man die Jahreszahl 1484 lesen.
Unter dem von zwei Engeln gehaltenen Schweißtuch der Veronika ist linksseitig eine riesige 2,50 Meter große St. Christophorusfigur zu sehen.
Christophorus das Jesuskind tragend
Christophorus ist die Hauptfigur des Freskos auf einem der breiten Schildbogen-wände des Langhauses. Der Heilige überschreitet den Fluss, in der Rechten um-fassen seine Hände einen Baumstamm als Stütze. Er trägt das Jesuskind, von dem nur der obere Teil noch vorhanden ist, auf der Schulter. Der Mantel flattert gebläht vom Wind.
Links unten kniet die kleine Gestalt eines Einsiedlers, in der Rechten eine Laterne, über die er schützend die Linke hält.
Einsiedler
Wappen des Stifters Sigmund von Niederthor
Rechts unten ist das Wappen des Stifters Sigmund von Niederthor zu sehen, der die Kapelle 1584 um das westliche Langhausjoch erweiterte. An der rechten Seite stehen die hl. Georg und Sebastian übereinander.
Heiliger Georg
Heiliger Sebastian
Das von Lockenhaar umrahmte Gesicht von Sankt Georg am unteren Bildrand ist sorgfältig modelliert, von typischer spätgotischer Zierlichkeit. Er erscheint völlig vergeistigt. Er trägt einen bläulich gefärbten Plattenharnisch und steigt nach links über den Drachen, mit beiden Händen die Lanze durch Kopf und Hals des Ungeheuers stoßend. Über dem Harnisch trägt er einen grünen, rot gefütterten flatternden Mantel, der die ganze Vorderseite der Figur freilässt. Als Hintergrund dient ein Teppich, der über eine Stange bis zum Boden herabhängt. Der blaue Grund hinter dem Teppich wird oberhalb von Rankenwerk gefüllt, ein Motiv, das an das Sprengwerk über den Heiligen auf gotischen Altarflügeln erinnert.
Oben steht Sankt Sebastian, ebenfalls im Lockenhaar und in rotem, grün gefütterten Mantel, der die nackte Brust sehen lässt, mit beiden Händen einen Pfeil haltend, der rechte Arm ist von einem Pfeil durchbohrt. Im Hintergrund hängt wieder über einer Stange ein Teppich vor blauem Grund, darüber schwache Spuren von Rankenwerk.
Fünf gemalte Apostelkreuze sind noch vorhanden, eines im mittleren Chor-schluss, vier in je zwei Schildwänden des Landhauses, die Kreuze grün auf rotem Grund, mit roten Streifen und außen mit grünem Steifen rund umrahmt.
Bemalt sind auch die Rippenkreuzungen und die Schlusssteine, zwei mit Rosetten. Die Rippenkreuzungen zeigen stilisierte Blattmuster, mit breiten Bändern dazwischen, bräunlich und blaugrau.
Nischengehäuse für die Dornenkrone-Reliquie
Links vom Altar ist in die Chorwand ein aus verschiedenfarbigem Marmor (Nach1660) gefertigtes Nischengehäuse für eine Dornenkrone-Reliquie einge-lassen, das von einem Ölbild „Verspottung Christi“ von Georg Urtlmayr (+1689) bekrönt wird.
„Verspottung Christi“ von Georg Urtlmayr
Die Fassade der Burgkapelle St. Pankratius schuf 1676 zugleich mit dem Einbau der Emore C.A. Carlone. Das Kapellenportal stellte 1677 der Passauer Steinmetz Jesph Höllauer auf, den plastischen Schmuck von St. Georg und St. Ludwig, den Namenspatronen des Grafen Georg Ludwig von Sinzendorf, sowie das von der Dornenkrone umflochtene Kreuz meißelte Johann Seitz aus Passau. Anstelle des Sinzendorfwappens ließ 1732 Fürstbischof von Lamberg seinen Wappenstein und den des Hochstifts anbringen.
Literatur:
Wilfried Hartleb: Die Neuburg. Adelssitz und Künstlerschloss am Inn. Illustrierte Geschichte eines Baudenkmals. Kultur im Landkreis Passau Bd. 50, Salzweg 2016
Fotos: Wolfgang Hartwig, Rotthalmünster