4. Station: am Wildbad und Zwinger – Restaurationen im Einklang von Denkmalpflege und Naturschutz

4. Station: am Wildbad und Zwinger – Restaurationen im Einklang von Denkmalpflege und Naturschutz

Grundriss der Hauptburg mit Wildbad und Zwingermauer aus der Zeit von Graf Niklas von Salm (1503-1550) um 1530

Graf Niklas von Salm (1503-1550), der Hofkämmerer am Hofe des Königs Ferdi-nand I. (1503-1564) in Prag und Wien war, hat die mittelalterliche Burganlage in ein Gartenschloss verwandelt. Auf den Kriegszügen in Oberitalien hatte Graf Niklas die neueste oberitalienische Renaissancearchitektur kennengelernt und die Neuburg mit Festsälen mit Terrakotta als Dekor und einem grandiosen Arkadenhof aus Terrakotta in der Hauptburg zu einem Statussymbol adeliger Prachtentfaltung verwandelt. Den Umbau leitete als Baumeister der berühmte Maler und Zeichner Wolf Huber (1485-1553).

Zu dem Konzept eines Gartenschlosses gehörte das doppelgeschossige „Wildbad“, das in die westliche Zwingermauer integriert wurde und ein intimer Garten im Zwinger. Dieser dreiteilige kreisförmige Badepavillon war mit Kegeldächern gedeckt. Es hatte im Erdgeschoss zwei separate Baderäume und war zu Fuß durch den Westzwinger oder über den Wehrgang der Befestigungsmauer zu erreichen.

Mit diesem Wildbad schuf Wolf Huber eine Architektur des Wohlbefindens für den Schlossbesitzer, denn in diesen Rückzugsinseln bestand die Gelegenheit, kalt und warm zu baden (Spa-Bereich).

Von Süden her führte eine steinerne Freitreppe in das Obergeschoss, das von einer hölzernen Galerie umgeben war. Das Wildbad selbst bestand aus einer größeren runden Badestube, an die sich seitlich zwei kleine runde Räume anschlossen. In der einen Badestube gab es ein Kaltwasserbecken, das in den Boden eingelassen war, ein anderer Raum enthielt ein Becken und einen Ofen zum Heizen des Badewassers für Schwitz- und Warmwasserbäder und einen Rauchfang.

Die Fußböden waren durchgehend mit Marmor gepflastert, wurden aber später durch einen Ziegelboden ersetzt. Zum südlichen Nebenpavillon, dessen Portal mit Terra-kotta verkleidet war, führte eine steinerne Außentreppe.

Das dreiteilige Wildbad mit Kegeldächern

Welchen hohen Stellenwert dieser Gartenpavillon in der Neukonzeption der Neuburg hatte, beweist die Verwendung der gleichen künstlerisch wertvollen Terrakotta-dekoration wie in den Marmorsälen. In der Zeit des Grafen von Sinzendorf wurde das Wildbad umgenutzt und unten eine Obstpresse und oben eine Obstdörrstube ein-gerichtet.

Zustand 2015 vor der Restaurierung

Das Wildbad und Zwinger

Restaurationsziel: Statisch-konstruktive Sicherung, Mauerwerksertüchtigung, Sanierung, für Besichtigung zugänglich machen (Personensicherheit)

Mauerwerkssanierung, Sicherung des Bruchsteinmauerwerkes durch steinsichtige maschinelle Neuverfugung im Hochdruckspritzverfahren, Schließen von Rissen, offenen Fugen und Spalten, Mauerwerksverpressung mittels Verpressmörtel.

Herstellung der Mauerkrone mit wasserabweisenden Trassmörtel, Vernadel-ungsarbeiten durch behutsamen Einsatz moderner Bautechnologie, Ankermateria-lien, Injektionsverfahren, hohlraumschließende Mauerwerksinjektion.

Bei den Natursteinmauern und dem Mischmauerwerk sind die Einflüsse der ver-gangenen Jahrhunderte nicht ohne Spuren vorübergegangen. So sind die Mauer-flächen durch ständig eindringende Feuchtigkeit, durch die Sprengwirkung der Wurzeln des hier angesiedelten Bewuchses gestört und der Fugenmörtel im vorderen Bereich meist gar nicht mehr vorhanden.

Durch die Feuchtigkeit, die über diese desolaten Flächen eindringt, wurde der übrige Mörtel im Mauerkern ebenfalls ausgelaugt, zermürbt und zersetzt, so dass keine ausreichende Bindekraft mehr vorhanden ist.

Die Folge dieser Mörtelzersetzungen sind die bereits an vielen Mauerteilen aufge-tretenen Verformungen, Schalenbildung und auch das Herausfallen einzelner Steine aus dem Mauerverband.

Die Schäden sind vielfach soweit fortgeschritten, dass es zu akuten Gefährdungen für Gebäude und Personen kommt. Zu einer fachgerechten Instandsetzung sind um-fassende Sicherungs- und Sanierungsarbeiten erforderlich.

Zur Sanierung der sichtbaren Mauerflächen wurde eine steinsichtige Verfestigung mit Spritzmörtel im Hochdruck-Spritzverfahren vorgenommen. Dabei wird der noch vorhandene Fugenmörtel bis zu einer Tiefe von mindestens 30 mm mit geeigneten Werkzeugen entfernt, das Mauerwerk und die offenen Fugen im Strahlverfahren ge-reinigt und der Fugenquerschnitt mit zähfestem, wasserundurchlässigem Spritz-mörtel ergänzt.

Durch eine gründliche Reinigung der angrenzenden Mauersteine noch während des Abbindevorganges wird eine optisch einwandfreie und voll steinsichtige und voll-atmungsfähige Oberfläche erzielt.

Der Vorteil des mechanischen Verfahrens liegt in der gegenüber einer handwerklich durchgeführten Verfugung wesentlich längeren Haltbarkeit und erheblich höheren Festigkeit.

Eine von Hand aufgebrachte Verfugung zeigt infolge Schwindens des Fugenmörtels beim Abbinden nach kurzer Zeit zumindest einseitige Ablösung vom Mauerstein.

Hinzu kommt, dass von Hand die ausreichende Entfernung der Verwitterungsschicht des Natursteins nicht möglich ist, so dass für Wasser und Frostangriffe weiterhin Angriffsflächen vorhanden sind und die Substanzzerstörung fortschreitet.

Demgegenüber ist es bei dem maschinellen Verfahren möglich, das Naturstein-mauerwerk bis auf den unverwitterten, gesunden Kern zu reinigen. Zum Ver-fugen wird ein spezieller auf die vorhandene Gesteinsart abgestimmter Mörtel ver-wendet, der durch das Auftragen im Hochdruck-Spritzverfahren eine so hohe Ver-dichtung erfährt, dass ein nachträgliches Schwinden und damit Haarrissbildung nicht eintreten kann.

Dadurch wird eine einwandfreie und vor allem dauerhafte Sicherung der historisch-wertvollen Mauerteile gewährleistet, die zudem noch einen optimalen Schutz vor mechanischen Zerstörungen bietet. Außerdem bleibt durch die voll steinsichtige Bearbeitung die charakteristische Mauerwerkstechnik der Erbauungszeit unver-fälscht sichtbar, so dass auch nach Durchführung der Sicherungsarbeiten der Wert der Bauteile als Studien- und Demonstrationsobjekt erhalten bleibt.

Verlegung der Drainagerohre, Vernadelung zur Reduzierung der Schubkräfte auf das Mauerwerk, Einbau von Dauerankern aus Stahl, Auffüllen mit wasserdurchlässigem Leichtbeton

Wildbad nach der Restaurierung 2017

Nach der Restaurierung: Hauptburg mit Bergfried, hohe Umfassungsmauer, Burgkapelle eingerüstet, Zwingermauer mit Wildbad, 2017

2019

Zwinger und Wildbad, Steinhaufen für Kriechtiere, Holzhaufen für Äskulapnattern

Fahrzeugweihe der F.F. Neuburg am 19. Mai 2019 im Zwinger

Fahrzeugweihe der F.F. Neuburg am 19. Mai 2019 im Zwinger