Das Gemeindewappen der Gemeinde Wernstein am Inn, Oberösterreich
Das Gemeindewappen der Gemeinde Wernstein am Inn, Oberösterreich
Dr. Wilfried Hartleb, Kreisheimatpfleger
Als das Wernsteiner Amtsgebäude Ende der 1970iger Jahre errichtet wurde, entstand der Wunsch nach einem Gemeindewappen. Zur Eröffnung des Amtshauses am 24. August 1980 überreichte der damalige Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck Bürgermeister Johann Auer das ersehnte Gemeindewappen.
Die Gemeindefarben wurden mit Blau-Weiß festgelegt. Die gewellte Linie soll auf die Lage Wernsteins am Inn hinweisen. Die beiden goldenen, aufgerichteten Löwen mit Krone, roten Krallen und roten Zungen sowie die Spitze sind dem Stammwappen der Ritter von Schmelzing, die drei roten Quadersteine dem Wappen des Grafen Georg Ludwig von Sinzendorf entnommen.
Die Wappen der Schmelzinger und des Grafen Georg Ludwig von Sinzendorf sind an der Pfarrkirche in Neukirchen am Inn und an der Mariensäule zu sehen.
Warum ist das Schmelzingwappen an der Pfarrkirche von Neukirchen ?
Eingang zur Pfarrkirche in Neukirchen am Inn, Südwand des Langhauses mit Wappengrabplatte
Wenn die Gläubigen in Neukirchen zum Gottesdienst in ihre Pfarrkirche gehen, sehen sie an der Süd-wand des Langhauses eine Wappengrabplatte mit dem Schmelzingerwappen, das in das Wernsteiner Wappen übernommen wurde. Es besteht aus zwei St. Markus Löwen und Mannesrumpf in eingebogener Spitze.
Detail der Wappengrabplatte mit dem Schmelzingerwappen, zwei aufgerichtete Löwen
Die gut erhaltene hochrechteckige Wappengrabplatte aus dem Jahr 1620 ist Joachim von Schmelzing zu Fürstdobl (1564-1620) und seiner Frau Maria, geborene Scharffseder von und zu Ruckerring gewidmet.
Die Schmelzinger bekleideten in der zu Österreich-Habsburg gehörenden Grafschaft Neuburg wichtige Ämter. Im Jahr 1584 hatte Joachim von Schmelzing (1564-1620) von seinem Vater Leonhard die beiden Ämter des Verwalters der Grafschaft Neuburg und des Mautners zu Wernstein übernommen. Leonhard waren diese Ämter im Jahr 1560 von Graf Julius von Salm (1531-1595) übertragen worden, der kaiser-licher Kämmerer, Reichshofrat und Besitzer der Grafschaft Neuburg war.
Leonhard Schmelzing war im Jahr 1567 für seine treuen Dienste von Kaiser Maximilian II. (1564-1576) in den Adelsstand erhoben worden, denn er hatte unter Kaiser Karl V. an dessen Krieg gegen Frankreich teilgenommen und gehörte später zur Leibgarde König Philipps II. von Spanien. Im gleichen Jahr erhielten die Herren von Schmelzing von Graf Julius von Salm den Edel- und Freisitz Zwickledt, der bis zum Aussterben der männlichen Linie im Jahr 1874 in ihrem Besitz blieb.
Die Schmelzinger besaßen einen Gutshof in Fürstdobl, den sog. Schmelzinger Hof, aus dem das Geschlecht der Schmelzing hervorging und nach dem sie sich auch benannten. Die Inhaber des Schmelzingergutes hatten ihren Besitz zu einer kleinen Herrschaft innerhalb der Grafschaft Neuburg ausgebaut, indem sie für sich eigene robotpflichtige „Grundholden“ am westlichen Rand der Schmelzinger Hofgrundstücke ansiedelten. Joachim von Schmelzing starb am 23. August 1620 am Schmelzingerhof zu Fürstdobl. Deshalb wurden er und auch seine Gemahlin Maria auf dem Friedfhof bei der für die Seelsorge in der Grafschaft Neuburg zuständigen Pfarrkirche zu Neukirchen begraben, die von Geistlichen des Benediktinerklosters Vornbach betreut wurde.
Wie viele österreichische Adeligen hingen Graf Julius von Salm aber auch Leonhard und sein Sohn Joachim von Schmelzing der lutherischen Lehre an, was auch an der Wappengrabplatte ersichtlich ist. Dort steht ein Bibelwort aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer 14, den Martin Luther in Deutsch übersetzt hat: „Wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.“ Der Text von Martin Luther findet sich sinngemäß auch im katholischen Lobgottes in dem gerne gesungen Lied“ Jesus, dir leb ich…“.
Beschreibung der Wappengrabplatte: Hochrechteckige Platte aus Kalkstein, die in drei Felder unterteilt ist. Das obere breite Feld hat gerundete Seiten in Lorbeerrahmen. Darin die Grabinschrift in Frakturschrift für Joachim Schmelzing. In den Ecken oben Blattwerk, unten Rosetten,
In der Mitte verschmelzen zwei hochelliptische Medaillons mit dem Relief von zwei Wappen. Das linke Wappen gehört Leonhard Schmelzing, das rechte Wappen seiner Frau Maria, geborene Scharffsed.
Linkes Wappen Schmelzing: zwei St. Markus Löwen, die in das Wernsteiner Gemeindewappen übernommen wurden. Dazu Figur eines Mannes in eingebogener Spitze.
Rechtes Wappen Scharffsed: geviertes Wappen aus Baumstumpf über einem Dreiberg und zwei gekörnten Schlangen
Inschrift oben
DEO OPTIMO MAXIMO
Allhi ligt begraben weillendt der Edl vund Gestreng/
Here Joachim Schmelztzing zum Fürsttabel verwalter/
der Graffschafft Neuburg vnd Mauth wernstain/
so gestorben den 23. Augusty Anno Christi 1620
seines Alters 55 Jahr dem Gott genadt/
wier leben oder sterbe(n), so sindt wier des herren ROM(ANOS) XIII
Wappengrabplatte an der Pfarrkirche in Neukirchen am Inn
Inschrift unten
Allhie liegt begraben auch die Edle Frau Frau/ Maria schmeltzingin göborne Scharffsederin von/ Kicherding welche in christi seliglichen eingeschlaffen/den Anno CHRISTI (—)Ihres Alters deren Gott genedig/ sey
In den Zwickeln um die Medaillons Blattwerk; darunter breites Feld mit gerundeten Seiten in Lorbeer-rahmen, darin Grabinschrift für Maria Schmelzing, in den Zwickeln Blattwerk.
Das Sinzendorfwappen an der Mariensäule in Wernstein
Die drei Quadersteine im Wernsteiner Wappen sind dem Wappen des Grafen Georg Ludwig von Sinzendorf (1616-168), Besitzer der Grafschaft Neuburg, entnommen. Diese für das Sinzendorfwappen charakteristischen drei Quader finden sich an der Vorderseite der Mariensäule in Wernstein.
Herrschaftswappen von Georg Ludwig Graf von Sinzendorf bestehend aus drei Quadersteinen, Kaiserkrone und Goldenes Vlies(unten) an der Mariensäule in Wernstein
Hofkammerpräsident Georg Ludwig von Sinzendorf, Träger des Goldenen Vlieses mit Kaiserkrone auf dem Samtkissen, Österreichische Nationalbibliothek
Georg Ludwig Graf von Sinzendorf (1616-1681), Hofkammerpräsident in Wien, hatte die Mariensäule von Kaiser Leopold I. zum Geschenk bekommen. Leopolds Vater, Kaiser Ferdinand III, hatte diese Mariensäule im Jahr 1647 in Wien als Dank für die Rettung vor den Schweden zu Ehren der Immaculata, der von ihrer Mutter Anna ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria, auf einem öffentlichen Platz in Wien aufstellen lassen.
Im Jahre 1667 platzierte Sinzendorf nun die 17 Meter hohe, für die Geschichte der Habsburger Länder so symbolträchtige Mariensäule aus Granit und Sandstein in Wernstein nahe am Innufer, wobei die Jungfrau Maria ihren Blick hinüber auf den ansteigenden Burgberg hin zur Neuburg wendet.
Denn dort erstreckte sich der Kalvarienberg mit Kreuzwegstationen, religiösen Bildwerken, Löwen-höhle und Einsiedlerhütten, wo das Leiden und Sterben Christi auf 14 Stationen inszeniert wurde. Mit diesem Kalvarienberg hatte Sinzendorf die Neuburg zu einem religiösen Kultort gemacht, wo die barocke Frömmigkeit mit ihrer Kreuzes- und Marienverehrung öffentlichkeitswirksam dargestellt wurde.
Der Kalvarienberg mit seinen plastischen Darstellungen wie dem riesigen doppelseitigen Christus, der jetzt vor der Neuburg steht, und der Veronika (jetzt Gerauerhof zu Gerau, Tettenweis) war für die zahlreichen Schiffsreisenden auf dem Inn deutlich zu sehen.
Die Mariensäule nahe am Innufer war als zentraler Blickpunkt eines der spektakulären Elemente dieses Kalvarienberges.
Kalvarienberg mit Mariensäule, Kupferstich von Johann Martin Lerch, 1677
Nachdem Sinzendorf als Erbschatzmeister bei der Krönung Leopolds I. zum Kaiser in Frankfurt im Jahr 1658 die Kaiserkrone tragen durfte, gehörte die Kaiserkrone zum Stammwappen der Sinzendorfer.
Links: Sinzendorfwappen aus dem Wappenbuch des Nürnberger Siebmachers und Kupferstechers Johann Ambrosius Siebmacher ( 1561-1611); Rechts: Um die Kaiserkrone (als Erbschatzmeister) gemehrtes Stammwappen der Sinzendorfer mit den charakteristischen drei Quadern