Festsaal – Rittersaal Schloss Obernzell

Festsaal - Rittersaal Schloss Obernzell

Der Rittersaal wurde 1583 an den spätmittelalterlichen Bau angefügt. Die Ausstattung mit der Päpstereihe entstand zur gleichen Zeit, in der Bischof Urban mit dem päpstlichen Gesandten Ninguarda zu tun hatte, der das Bistum visitierte.

Felizian Ninguarda OP (* 1524 in Morbegno; † 5. Juni 1595 in Como) (Dominikaner)Domprediger von Salzburg vertrat 1562 den Erzbischof von Salzburg auf dem Konzil von Trient. Er genoss das Vertrauen Papst Gregors XIII.1578 bis 1583 war er als Nuntius in Süddeutschland tätig.

In der Höhe des Gebälks der Portalarchitekturen läuft über alle vier Wände ein hölzernes Konsolgesims, das auch die acht Fensternischen miteinschließt. Der zugehörige Fries umfasste ursprünglich 64 Inschriften, die durchnummeriert waren. Nach der Restaurierung in den 1970iger Jahren enthält er nur noch 54 Felder mit Sentenzen und Leitsprüchen. Sie werden durch florale Elemente getrennt. Die Texte sind in Capitalis mit Schwarz auf weißem Grund gemalt, überwiegend vierzeilig, lateinisch. In ihrem Ende zu enthalten einige Formulierungen des Zyklus erneut Partien in griechischer, hebräischer und altsyrischer Sprache.

Die altsyrische Sprache war für die Humanisten durchaus von Interesse. Es gab damals ein Neues Testament in syrischer Sprache, das vielleicht für die Obernzeller Inschriften als Vorlage gedient haben könnte. Die hebräischen Schriftzeichen sind sehr ungelenk geschrieben, so dass man keinen sinnvollen Text entziffern kann. Dasselbe gilt bei den griechischen Buchstaben.  Vielleicht hängt das auch mit der Restaurierung in den 1970iger Jahren zusammen.

In der Mitte der Nordseite wird der Fries durch den Rauchkasten eines in den Raum vorspringenden Volutenkamins unterbrochen.  

Auf der Vorderseite des dreieckigen Rauchkastens Bemalung: in der Mitte ein ruhendes Dromedar mit Lastenpaket in angedeuteter Landschaft, darüber geschwungenes Schriftband mit Inschrift. Der Kamin unterbricht ein hölzernes Gebälk mit Sprüchen. Links und rechts des Kamins bezieht sich der jeweilige Spruch auf den Kamin.

Die Darstellung eines liegenden, das mit Lasten bepackt ist mit einer altspanischen Inschrift, die ein Sinnbild ist für die Grenzen der Geduld.

wilfried-hartleb

NON SVEFRO MAS DE LO QVE   PVEDO  Ich (er)leide nicht mehr als ich (ertragen/erleiden) kann)

Es ist eine Imprese, eine Wort-Bild Kombination. Der Begriff Imprese (ital. impresa „Unternehmung“) bezeichnet in der Heraldik die Verbindung eines Sinnbildes mit einem Wahlspruch, der Devise. Impresen wurden seit dem 15./16. Jahrhundert als persönliche Abzeichen verwendet, ergänzend zu den Familienwappen ihrer Träger.

Text und Bild finden sich bei Paolo Giovio in seinem „dialogo dell´imprese militari et amorose“. Dabei wird erklärt, dass der Kardinal Ippolito d´Este diese „imprese amorosa“ durchgeführt hätte. Diese Imprese ist moralischer Appell an die Duldsamkeit zu verstehen.

Paolo Giovio (latinisiert Paulus Iovius; * 19. April 1483 in Como; † 11. Dezember 1552 in Florenz) war ein italienischer Geschichtsschreiber, Biograph, katholischer Bischof und Arzt. Giovio studierte in Padua Philosophie und in Pavia Medizin, praktizierte zuerst in Como, dann in Mailand als Arzt, ging 1517 nach Rom, wo er von Clemens VII. zum Bischof von Nocera ernannt wurde. Schon 1546, drei Jahre nach dem Tod von Nikolaus Kopernikus, verfasste er eine Biographie des Astronomen.Paolo Giovio hatte in seiner Villa in Borgo Vico am Comer See eine bedeutende Bildersammlung mit Porträts von Staatsmännern und Kriegshelden.

Diese Aussage, nicht mehr zu (er-tragen, als man kann, wird durch die Darstellung des Kamels (Dromedars) unterstrichen: für dieses Tier sei es typisch, dass es sich hinkniet, um beladen zu werden; ist das Gewicht jedoch genug, steht es auf und signalisiert damit, dass es nicht mehr Lasten tragen kann. Diese Imprese ist ein moralischer Appell an die Duldsamkeit, eine duldsame Haltung, die im Verständnis des 16. Jahrhunderts der Tugend der Toleranz zugerechnet werden darf, also der Fähigkeit, Übel und Widrigkeiten zu ertragen.

Urban von Trenbach könnte mit dieser Literatur von Paolo Giovio bei seinem Studium in Italien vertraut worden sein. Vielleicht soll das Bild mit dem Kamel auf die Probleme in seiner Amtszeit hinweisen: Probleme mit dem Domkapitel. Er will damit seinen Gegnern signalisieren, dass sie auch bei ihm auf Grenzen stoßen könnten.

Es ist ein Aufseufzen Urbans, der sich in seinen Reformbestrebungen erbittertem Widerstand seitens des Domkapitels gegenübersah. Fürstbischof Urban von Trenbach (1561-1598)

Im selben Jahr, aus dem die Obernzeller Päpstereihe stammt, 1583, kam es unter der Leitung des päpstlichen Nuntius Felician Ningurada zum Bayerischen Konkordat zwischen dem Herzog von Bayern und dem Erzbischof sowie den Bischöfen der Salzburger Kirchenprovinz, zu denen auch Urban von Trenbach gehört.

Ninguarda hat 1580, 1581 und 1583 kirchliche Visitationen in Passau durchgeführt. Dabei stellt Ninguarda fest, dass die Angehörigen des Domkapitels weit von den Vorstellungen des tridentinischen Konzils entfernt waren vor allem was das Zölibat anbelangt. Auch war das Domkapitel nicht bereit, seine erworbene rechtliche Stellung zugunsten des Bischofs sich beschneiden zu lassen. Bischof Urban stieß auf erbitterten Widerstand und war (zunächst) nicht imstande, eine Erneuerung der Verhältnisse durchzusetzen.  Der päpstliche Nuntius war der Garant der vom Apostolischen Stuhl unterstützen Reformen und eine willkommene Hilfe beim Kampf gegen seine Widersacher. Trenbach erhoffte sich von päpstlicher Seite Hilfe in den Auseinandersetzungen.

Mit seiner Regierung von 37 Jahren ist Urban zu einem der größten Fürstbischöfe von Passau geworden, mildtätig, kirchenstreng. Die Gegenreformation fegte jetzt in der Stadt Passau die letzten Anhänger der Reformation hinweg. Gleichzeitig setzte sich unter Urban von Trenbach die durch das Konzil von Trient ausgehende Glaubenserneuerung des Katholizismus, die sog. „Katholische Reform“ durch. Anders als in anderen Bischofsstädten verzichtete Bischof Urban zur Bekämpfung der Neuen Lehre auf die Jesuiten. Er rief 1564 den Orden der Franziskaner, und zwar die strenge Richtung, die Observanten, nach Passau. Auf den Salzburger Provinzsynoden von 1569 und 1573 erwies sich Urban als einer der reformeifrigsten Bischöfe. Die Kurie rechnete ihn im Jahre 1570 zu jenen deutschen Bischöfen, auf deren katholische Haltung man uneingeschränkt vertrauen konnte.

Die Hauptsorge Urbans galt der geistigen und sittlichen Erneuerung des Diözesanklerus. Er ordnete eine Reorganisation der Dekanatseinteilung an und schärfte den neubestellten Landdekanen ein, Zucht und Lebenswandel der Geistlichen gewissenhaft zu überwachen. Seinem Klerus gab er gegen ein bescheidenes Entgelt gute katholische Bücher in die Hand. Bischof Urban war darüber hinaus bestrebt, möglichst bald ein Priesterseminar nach den Wünschen des Konzils von Trient zu errichten. Hier blieb ihm indes der Erfolg versagt, da das Domkapitel und vielfach auch die anderen Pfründeinhaber jede finanzielle Beihilfe verweigerten. Überdies lehnten die weltlichen Landesherren strikt jede finanzielle Belastung der Kirchen- und Pfründestiftungen für Seminarzwecke

wilfried-hartleb

ASPICE QVI TRANSIS; QVI SIM; VEL QVOD MIHI NOMEN:

QVAEVE SIT VTILITAS; SVM CALEFACTOR EGO:

NOMINE CAMINVS DICOR COGNOMINE FORNAX;

AESTAS QVEM SPERNIT; SED VENERATVR HYEMS

Erblicke, der du vorbeigehst, wer ich bin, und welcher mein Name ist. Oder welcher der Nutzen ist: ich bin ein Erhitzer. Mit Namen werde ich Kamin genannt, mit Beinamen Ofen, welchen der Sommer verschmäht, den aber der Winter verehrt.

wilfried-hartleb

Wessen Glieder in dieser Halle von der Kälte durchgeschüttelt werden, der komme hierher, ich werde nämlich ein getreuer Arzt sein. Aber ich könnte dennoch nicht die eiskalte Schar wiederherstellen, wenn nicht Vulkan mir die Kraft verliehe. Ein konkretes Vorbild für den Text konnte nicht gefunden werden. Doch findet sich die Anspielung auf Vulkan in bildlicher Darstellung oft in Italien.

Vulcanus (lateinisch, Vulkan) ist der römische Gott des Feuers und der Schmiede (Schmiedegott) sowie aller Metallhandwerker, die auf die Kraft des Feuers angewiesen sind, z. B. der Bronzegießer oder der Münzschläger. Vulcanus galt als kluger Erfinder. Seine Charakteristika sind: handwerklich begabt, schroff und friedliebend. Seine Attribute sind Hammer, Zange, Schmiedeschurz und AmbossSinnbilder für das Entstehen von Metallgütern.Vulcanus entspricht dem griechischen Gott der Schmiedekunst Hephaistos, den die Römer bildgetreu in ihre Welt übertragen haben

Umschrift mit Erläuterung zu der Päpstereihe

In deutlichem Abstand oberhalb der Gebälkschrift läuft eine einzeilige Inschrift. Sie erläutert eine darunter liegende Folge von Papstwappen, die sich über alle vier Seiten erstreckt. 

wilfried-hartleb

„Die Namen, Wappen (so viele gefunden werden konnten), dann auch die Zeitangaben zum Episkopat, sowie zum Ableben der allerheiligsten Päpste der heiligen katholischen und apostolischen Kirche (außerhalb derselben es überhaupt kein Heil gibt) /in Form einer/ bis in unsere Zeit – (nämlich) ins Jahr des Erlösers 1583 – reichenden Reihe, die glücklich auch im höchsten Amt Gottes fortgeführt wurden und ewig (durch den Beistand Gottes, des dreimal Größten und Besten) andauern wird: „jener, den er verflucht hat, möge verflucht sein, und der, den er gesegnet hat, (möge) mit Segnungen (erfüllt sein“ —) in der Person des Petrus, (zu dem) von Christus, unserem Erlöser, gesagt wurde: „Weide meine Lämmer“. Und wiederum: „Ermutige deine Brüder“. Und: „Dir werde ich die Schlüssel des himmlischen Königreiches geben, die immer du auf der der Erde vereinen wirst, die werden vereint sein, und die du lösen wirst, die werden auch im Himmel gelöst sein“ „der, der nicht mit diesen sammelt, zerstreut“ auf Befehl des Passauer Bischofs Urban aus der Familie der Trenbach.“

Interpretation:

Nach der Unschrift wurde die Obernzeller Päpstereihe 1583 angefertigt. Als Auftraggeber wird der Passauer Fürstbischof Urban von Trenbach genannt. Tatsächlich umfasst die Umschrift die Namen der Päpste bis Clemens VIII.(1592-1605), dessen Angaben zu Amtszeit und Sterbejahr nicht mehr ausgeführt ist. Die Umschrift beschreibt, welche Informationen sie liefert: Namen der Päpste, Angaben zur Amtszeit, Sterbejahr.

In der Umschrift erscheint die berühmte Sentenz des Kirchenvaters Cyprian von Karthago über die Heilsnotwendigkeit der Kirche: „Extra ecclesiam salus non est. Ep. 73,21)  (EXTRA QUAM NULLA PENITUS EST SALUS „ (außerhalb derselben es überhaupt kein Heil gibt:

Darauf folgt im zweiten Teil die biblische Begründung der päpstlichen Tradition. Dies geschieht durch die Einsetzungsworte Christi an Petrus, den ersten Papst, seine Lämmer zu weiden („Pasce oves meas“, Math. 16, 19) sowie die Brüder zu ermutigen (Lk 22, 32). „Weide meine Lämmer“. Und wiederum: „Ermutige deine Brüder“. (EST PASCE OVES MEAS ITEM: CONFIRMA FRATRES TUOS).

Von gleicher fundamentaler Bedeutung ist das eingefügte Matthäuszitat, das die Schlüsselgewalt, das heißt die päpstliche Macht des Bindens und Lösens im Himmel und auf Erden (Mt 16, 30)  begründen soll. (TIBI CLAVES REGNI COELORUM; QUOSCUNQUE LIGAUERIS SUPER TERRAM ERUNT LIGATI ET QUOS SOLVERIS ERUNT SOIUTI ETIAM IN COELIS QUZIBUSCUM)

Mit weiteren Worten des Evangelisten „Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich; wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.  (Mt. 12,30) wird mahnend zur Einheit in der Kirche aufgerufen – ein Appell an die von Rom abtrünnigen Protestanten. „der, der nicht mit diesen sammelt, zerstreut“ QUI NON COLLIGIT SPARGIT)

Die Papstwappen – Manifestation des alten römischen Glaubens

Die päpstlichen Wappenschilde tragen Nummern von 1 bis 239. Die darunter befindlichen Schriftbilder führen jeweils Name, Herkunft und Familienbezeichnung: in römischer Schreibweise bis Papst Johannes VIII (872-882) Nr. 110).  Ab hier wird mit arabischen Ziffern angegeben. Bei Papst Silvester II.  (999-1003); Nr. 145 kommt wieder die römische Zahlenreihe zum Einsatz.

Unterhalb des Wappenschildes befindet sich ein Schriftfeld mit knappen Informationen zum Papst: Namen. Bei Heiligen wird S. (Sanctus) vorangestellt. Es folgt die Ordinalzahl. Anschließend wird der Papst entweder mit seiner Herkunft oder mit seinem Familiennamen oder beidem näher vorgestellt. Es folgt die Angabe zur Länge seines Pontifikats, die durchgehend mit P(RAE)F(VIT) eingeleitet wird. Dann wird die Amtsdauer in Jahren, Monaten und Tagen aufgezählt. Dann folgt das Sterbejahr O(BIIT). Wenn der Begriff passus steht, dann sind das Päpste, die Märtyrer waren. Der Begriff passus verschwindet erst bei Papst Silvester I (314-335); Nr. 34), als das Christentum bereits offiziell anerkannt war.

Unter der Inschrift befindet sich zentriert die Nummer einer durchgehenden Zählung.

Die Daten (Sterbedaten, Regierungsdauer, Herkunft) stimmen häufig nicht mit den heute von der Forschung angesetzten Daten überein.

Der Gestalter des Programms stand vor ein Problem: Wappen als Zeichen adeliger Familien sind erst seit dem 12. Jahrhundert üblich. Was tun mit den Nachfolgern Petri aus der Zeit davor? Hier greift der Meister zu Phantasiewappen, einige Päpste wurden auch mit existierenden Wappen versehen, so z. B. Papst Liberius (352–366) mit dem der Familie savelli.

Der Schild des Petrus trägt die zwei Schlüssel, ein goldener und ein silberner schräg gekreuzt– sein Heiligenattribut –, die gleichzeitig das Wappen der hl. römischen Kirche bilden.

Der hl. Petrus, ein Galiläer, stand 24 Jahre, fünf Monate und zwölf Tage vor. Er starb den Märtyrertod im Jahre 67.

Papst Linus gilt als Nachfolger des Hl. Petrus. Er wird als Vicar des Petrus geführt. Daher wird er in der Inschrift auch als conepiscopus, also als Mitbischof bezeichnet.

Der hl. Linus, der Etrusker, stand als Mitbischof 11 Jahre, fünf Monate und zwölf Tage vor. Er starb den Märtyrertod im Jahre 68.

Dass bei einigen der frühen Päpste die Schilde leer sind, zeugt von einem gewissen „wissenschaftlichen“ Anspruch, den der Autor der Reihe in der beistehenden Überschrift betont: insi GniA (QVOTQVO inVenire LicViT) (Wappen, wie viele gefunden werden konnten).

In Obernzell wurde erstmals südlich wie nördlich der Alpen eine vollständige Serie aller Papstwappen an einer Wand realisiert.

Die früheste gedruckte Sammlung von Papstwappen erschien 1557. Verfasser war der Augustinermönch Onofrio Panvinio. Er gab einen Überblick über die gesamte Geschichte der Päpste mit Familienwappen, Wahlspruch und Ausschnitten aus Reden.

In den Jahren 1562 bis 1568 erarbeitete Panvinio für Johann Jakob Fugger eine vollständige Papstikonografie mit Bildminiaturen. Die früheste gedruckte Stichfolge mit Bildnissen aller Päpste mit eingefügten, größtenteils leeren Wappenkartuschen publizierte Giovanni Battista Cavaliere 1580 in Rom.

Man kann daraus schließen, dass um die Mitte des 16. Jahrhunderts Interesse bestand, eine vollständige Ikonografie und Heraldik zu gewinnen.

Urban von Trenbach wusste von diesen Veröffentlichungen. Wer aber die Obernzeller Päpstereihe erstellt hat und aus welchen Quellen er geschöpft hat, bleibt im Dunkeln.

Welche Intentionen hatte aber Urban von Trenbach als Auftraggeber?

Das ganze Spätmittelalter hindurch gab es Diskussionen und Auseinandersetzungen über die Stellung des Papsttums in der Kirche.

Er wollte die Missstände beim Klerus, wie Priesterehe und Laienkelch überwinden. Er wollte die Kirche erneuern im Sinne des Programms des Trienter Konzils. Trenbach wusste um die romfeindlichen Einstellungen, die in den „Gravamina der deutschen Nation“ formuliert und von Luther aufgenommen worden waren. Dieser Antiromanismus mündete in der Identifizierung des Papsttums mit dem Antichrist des Paulus. Cranach d. Ä. hat zur Illustration von Luthers später Schrift „Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet“ (1545) Spottbilder beigesteuert, die an Drastik nichts zu wünschen übriglassen.

Die Zielsetzung der beginnenden evangelischen Geschichtsschreibung war, die Rechtmäßigkeit der römischen Tradition zu bestreiten und das Papsttum und die hierarische Kirchenverfassung als Irrweg zu bezeichnen. Für die Evangelischen galt das allgemeine Priestertum. Luther wurde auf der Grundlage umfassender Quellenkritik als Reformator des wahren Glaubens beschrieben.

Vor dem Hintergrund der Kirchenspaltung und der konfessionellen Differenzen ist die große Inschrift als Manifestation des alten römischen Glaubens zu sehen. Das Papstwappenfries demonstriert den Primat des Papstes und die Gültigkeit der römisch-katholischen Tradition. Durch göttlichen Beistand sei das höchste Amt Gottes seit Petrus in ununterbrochener Kontinuität geführt worden und werde auch in die Ewigkeit fortgesetzt werden.

Inschriften des umlaufenden Frieses

Die Inschriften des umlaufenden Frieses sind vierzeilig angebracht. Inhaltlich zielen sie auf sittlich-religiöse Bildung. Im weitesten Sinn sind diese Sprüche ein Leitfaden für einen moralisch-vernünftigen, „weisen“ Lebenswandel, Ratschläge für ein gutes Leben durch Gewissenserforschung, Gedanken über Leben und Tod.  Nahezu die Hälfte der ohne Nennung eines Urhebers liegen Sätze oder Wortfolgen aus Vives „Ad veram sapientiam introductio“ aber auch aus einem diesem Werk beigebundenen „Satellitum animi“ zugrunde.

So lauten einige Empfehlungen von Vives: Ehe du zu Bett gehst, lies oder höre etwas, das würdig ist, dem Gedächtnis anvertraut zu werden, damit du auch während der Nachtwachen lernst und besser wirst.“

„Lebe also, um zu leben; habe an Dingen, die du später bereuen wirst, keinen Gefallen; und tue nichts, was du später wirst ungeschehen haben wollen.“

Gelegentlich werden auch zwei Sätze von Vives zu einer längeren Aussage verbunden. Daneben gibt es Kombinationen von Vives- Aussagen mit mittelalterlicher Spruchweisheit. Außerdem werden Wortfolgen aus den Psalmen und dem Matthäus sowie Johannesevangelium herangezogen.

Von den Kirchenvätern sind es Augustinus und Hieronymus, auf die zurückgegriffen wird.

Von Augustinus ist eine Metapher auf die Dreieinigkeit: „Du siehst die Sonne, wie sie am Himmel läuft, wie sie strahlt und wie sie glüht: so hat auch das Feuer drei Teile: die Bewegung, das Licht und die Hitze: wenn du also zunächst die Sonne oder das Feuer eingeteilt hast, dann teile erst recht die Dreieinigkeit ein.“

Hieronymus: „Zwischen dem, der zehn Jahre gelebt hat, und dem, der tausend gelebt hat, ist, wenn das Ende gekommen ist, alles was (zuvor) geschehen ist, gleich viel, außer dass der ältere mit sehr Sünden weggeht.“

Unter den antiken Autoren konnten vor allem Seneca und Cicero als zitierte Autoritäten nachgewiesen werden und belegen so den humanistischen Hintergrund Urban von Trenbachs.  Auf jeden Fall demonstrieren diese Sprüche die Bildung ihres Auftraggebers.

Seneca: „ Alle  zu Freunden zu haben ist beschwerlich; genug ist es, keine Feinde zu haben. Erweise dich gegenüber Geringeren freundlich, gegenüber Höheren ehrerbietig, gegenüber Gleichen zugänglich und umgänglich!

Cicero: „Wir sind nicht nur für uns geboren, sondern die Religion, die Eltern, das Vaterland und die Freunde beanspruchen auch je einen Teil für sich. Daher seien unsere Sorge, unsere Hilfe und unsere Treue gegenseitig.“

Als griechischer Autor kommt Thukydides in einem Text vor.

Thukydides: „ Überlege: Unbedachtsamkeit bringt Tollkühnheit mit sich, nüchterne Überlegung dagegen Vorsicht: weder darfst du glauben, dass alles, was du als dir Angenehmes sagst, auch anderen, die dir zuhören, angenehm ist, noch ist es allen gegeben, sowohl vieles als auch Zweckmäßiges zu sagen.“

Von den spätantiken und mittelalterlichen Autoren werden Isidor von Sevilla und Bernhard von Clairvaux zitiert.

Aus dem 16. Jahrhundert stammt eine bemerkenswerte Inschrift von Agrippa von Nettesheim neben einer Türrahmung:

„Größer ist die Autorität der Schrift als alle Einsicht des menschlichen Geistes, denn sie hat einen widerspruchsfreien, einfachen und heiligen Sinn, worin allein die Wahrheit besteht.“

Diese Betonung der Autorität der Bibel ist bemerkenswert, steht sie doch der Sola Scriptura Prinzip der Reformatoren sehr nahe. Luther hat dieses Sola sciptura Prinzip erstmals 1521 formuliert hatte. Die Konkordienformel bestimmt 1577 nachdrücklich die Heilige Schrift als Richtschnur und Regel der Auslegung.

Gegen die Alleinherrschaft des Schriftprinzips hatte das Tridentinische Konzil 1546 die kirchliche Überlieferung herausgestellt. Wollte Trenbach mit dem Zitat Agrippas von Nettesheim eine Brücke zum Protestantismus bauen?

Zusammenfassung:

Die Umschrift, der Inschriften und die Papstwappen sind eine Bestätigung der alten Ansprüche der Papstkirche und Zeugnis der Regeneration der Kirche im Rahmen der katholischen Reform. Die Wappenfolge ist eine Bestätigung und Veranschaulichung der päpstlichen Sukzessionsidee. Die moralischen Empfehlungen von Vives im Sinne des Humanismus in den Inschriften stehen somit unter römischen Vorzeichen.

Der Humanismus erscheint im Dienst der Gegenreformation. Die Bild Text Botschaft des in den Raum vorspringenden Kamins ist eine Proklamation des zuversichtlich-duldsamen Ertragens der Bürden durch den Auftraggeber Bischof Urban von Trenbach. So ist der Rittersaal nicht nur ein Denkmal humanistischen Bildungs- und Sprachbewusstseins im Zeitalter des Konfessionalismus, sondern auch ein Vorläufer jener barocken Räumlichkeiten, in denen eine herrscherliche Devise ikonologisch zum Tragen kommt. 

wilfried-hartleb
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