Schloss Strass, Gemeinde Neuburg am Inn
Schloss Strass, Gemeinde Neuburg am Inn - erbaut 1784 von Johann Georg Hagenauer
Domdekan Thomas Johann Kaspar von Thun und Hohenstein (1727-1796), der Auftraggeber
Der Passauer Domdekan Thomas Kaspar Reichsgraf von Thun und Hohenstein (1727-1796), der spätere Fürstbischof, ließ sich 1784 in der Grafschaft Neuburg ein kleines Sommerschloss erbauen. Er war ein Freund und enger Mitarbeiter des damaligen Passauer Fürstbischofs Leopold Ernst Graf von Firmian (1763-1783). Wohl deshalb bekam er die Erlaubnis, dieses Gebäude in der Grafschaft Neuburg zu errichten, die ja seit 1730 im Besitz der Passauer Fürstbischofe war. Dieses repräsentative Gebäude steht im Ortsteil Straß in der Gemeinde Neuburg am Inn und wird Schloss Straß genannt.
Thomas Johann Kaspar Reichsgraf von Thun- Hohenstein (1727-1796), Grabdenkmal im Passauer Dom
Thomas Johann Kaspar Reichsgraf von Thun- Hohenstein, 1727 in Trient geboren, 1756 Kanoniker, 1762 Domkapitular und 1771 Domdekan in Passau. Als Oberkellerer, Bischöflicher Geheimrat und Hofratspräsident und ab 1776 auch als Weihbischof war unter Fürstbischof Firmian das einflussreichste Mitglied des Domkapitels und widmete sich der Verwaltungs-, Finanz- und Wirtschaftspolitik des Hochstifts. Bei der Bischofswahl im Jahr 1783 unterlag er Josef Franz Anton Graf von Auersperg 1734 in Wien; † 21. August 1795 in Passau), dessen Regierungsstil er mit skeptischer Opposition verfolgte. Am 4. November 1795 aber wurde er vom Domkapitel als Nachfolger Auerspergs auf den Thron des Passauer Fürstbischofs gewählt. Schnell versuchte er Akzente zu setzen: Er betrieb den Ausbau der Brauerei Hacklberg, förderte die Holztrift auf der Ilz und belebte die Passauer Porzellanmanufaktur. Nach nur 11 Monaten und 4 Tagen Regierungszeit starb er im Alter von 29 Jahren an den Folgen eines Reitunfalls, den er auf einem Ausritt nach Hacklberg erlitten hatte. Er wurde in der Domgruft begraben. Er war der vorletzte Passauer Fürstbischof.
Georg Hagenauer (1748-1835), der Baumeister
Baumeister von Schloss Strass war Georg Hagenauer(1748 – 1835). Seine Ausbildung erhielt Hagenauer bei seinem Bruder Wolfgang im Salzburger Hofbauamt. Später besuchte er die Wiener Akademie. Nach dem Tod des Salzburger Erzbischofs Sigismund III. Christian Graf Schrattenbach 1771 wurde er von Bischof Joseph Franz Anton Graf von Auersperg in dessen Bistum Gurk geholt und erbaute ihm dort als Hofbaudirektor von 1778 bis 1782 das Schloss Pöckstein.
Schloss Pöckstein in Kärnten, erbaut von Johann Georg Hagenauer
Als Graf von Auersperg 1783 Fürstbischof im Bistum Passau wurde, ernannte er Hagenauer zu seinem Baudirektor. Im Jahr 1783 ließ Fürstbischof Joseph Kardinal Graf von Auersperg das Stadttheater Passau und den Redoutensaal durch Hagenauer innen und außen grundlegend verändern. Hagenauer gab diesen Gebäuden eine klassizistische Fassade.
Stadttheater in Passau mit Redoutensälen, umgestaltet von Johann Georg Hagenauer
1790 erbaute Hagenauer für den Domherrn Leopold Freiherrn von Hanxleden das Schlösschen Haidenhof als Jagdschloss.
Schloss Haidenhof, erbaut von Johann Georg Hagenauer
1792 errichtete Hagenauer das fürstbischöfliche Lustschloss Freudenhain sowie die damals umfangreichen Bauwerke im Park.
Schloss Freudenhain, erbaut von Johann Georg Hagenauer kolorierter Kupferstich von Johann Friedrich Karl nach Elisabeth Karl
Nach Auerspergs Tod 1793 diente Hagenauer dessen Nachfolgern Thomas Johann Kaspar Graf von Thun-Hohenstein und Leopold Leonhard Raymund Graf von Thun-Hohenstein.
Als am 22. Februar 1803 das Hochstift Passau aufgelöst wurde, kehrte Hagenauer nach Salzburg zurück und wurde Amtsnachfolger seines 1801 verstorbenen Bruders Wolfgang im kurfürstlichen Kameralbauamt. Er wurde kaiserlicher Rat und arbeitete als kurfürstlicher Baudirektor für seinen Vetter, den Salzburger Abt Dominikus von Hagenauer, in Abtenau und Hallein. 1807 in österreichische Dienste übernommen, wurde er 1812 von der bayerischen Regierung quiesziert und 1819 pensioniert.
Schloss Strass um 1920
Schloss Straß ist in einem typischen Hagenauer Stil gebaut. Das zweistöckige Gebäude auf rechteckigem Grundriss mit 7:5 Fensterachsen trägt ein Mansardenwalchdach. einfaches, frühklassizistisches Dekor mit Tafeln und Guttae (Kälberzahn, tropfenartiges hängendes Element an der Unterseite) an den Fensterbrüstungen sowie einem korbbogigen Hauptportal, das in eine rechteckige Aedikula eingefügt ist.
Balkon auf Säulen im klassizistischen Stil
Ansichtskarten von Dommelstadl mit Schloss Straß
Webkurs im Jahr 1950 in den Räumen von Schloss Straß, knieend Erika Kroher, (Müller-Tolk), links die Lehrerin Ernestine Kurz
In den Jahren 1949 und 1950 wurden vierwöchige Kurse der Bäuerlichen Webschule auf Schloss Straß abgehalten. Im Jahr 1952 kam es zu einem großen Brand. Das Mansard- Walmdach wurde durch einen einfacheren Dachstuhl ersetzt.