Ehemalige Schlosskapelle Obernzell

Ehemalige Schlosskapelle Obernzell

Schloss Baugeschichte

Obernzell, früher Griesbach in der Zell, Hafnerzell oder auch zur Zell genannt. Nach dem Aussterben der Herren von Griesbach wurde Obernzell unter Bischof Ulrich II. um 1220 Eigentum des Hochstifts Passau.

Ulrich II. (* unbekannt; † 31. Oktober 1221 in Ägypten) war von 1215 bis 1221 der 34. Bischof von Passau sowie der erste Fürstbischof. Er ist Namensgeber der Bischof-Ulrich-Straße.Vor seiner Wahl zum Bischof war Ulrich österreichischer Protonotar.Am 21. Januar des Jahres 1217 wurde Ulrich von Kaiser Friedrich II. der Ilzgau als sog. „Fahnenlehen“ übergeben. Dadurch machte ihn der Kaiser zum ersten Fürstbischof des Hochstifts Passau. Ulrich II. und seine Nachfolger waren demnach fortan reichsunmittelbare Fürsten. 1219 ließ sich Ulrich II. auf dem Georgsberg eine Burg errichten, die Veste Oberhaus. Er gründete außerdem auch mehrere Kloster im östlichen Teil des Bistums. Ulrich II. starb am 31. Oktober 1221 auf demKreuzzug von Damiette in Ägypten.

1359 bestätigte Bischof Gottfried die Marktrechte, die wohl schon um 1263 vorhanden waren. Gottfried von Passau auch Gottfried I. († 16. April 1285 in Nürnberg) war von 1283 bis 1285 der 41. Bischof von Passau.

Gottfried von Passau war eine  Westfale, vermutlich aus Osnabrück stammend war Protonotar König Rudolfs von Habsburg. Seinem Vorschlag folgend, wählte das Passauer Domkapitel Gottfried am 11. Februar 1283 zum Bischof. Die Weihe fand am 7. März 1283 in Salzburg statt. Gemeinsam mit Heinrich, dem Bischof von Regensburg, war er erfolgreich als Vermittler in einem Streit zwischen Herzog Albert von Österreich und Herzog Heinrich XIII. aktiv. Im März 1284 veranstaltete Gottfried in St. Pölten eine Synode, auf der man wichtige Beschlüsse zur Förderung des Klerus verabschieden konnte. Darüber hinaus gelang es ihm, die Finanzen des Passauer Bistums zu ordnen. Er weihte den Chor der Stiftskirche St. Florian bis zum Kreuzaltar westlich des Lettners mit dem Hochaltar und den beiden Altären in den Absiden der Seitenschiffe. Im Bayerischen Staatsarchiv befindet sich eine Urkunde in der die Geburtsstunde der 5. Jahreszeit (Fasching, Fasnet, Fastnacht, Karneval) aufgezeichnet ist. Bischof Gottfried bestätigt 1283 der Loden- und Tuchmacherzunft den „vastchang“ – ein Fest, ein Umtrunk, in dem ein letztes Mal gefeiert werden darf, bevor am Aschermittwoch die Fastenzeit beginnt. Seine Gebeine befinden sich in der Bischofsgruft des Passauer Doms.

Das Schloss begründete Bischof Georg von Hohenlohe (gest. 1423).

Bischof Leonhard von Layming (1423-1451) setzte die Baumaßnahmen fort.

Sein Wappen ist über dem Hauptportal des Schlosses links. Rechts ist das Trenbachwappen

Georg Graf von Hohenlohe (* um 1350; † 3. August 1423 in Gran) war von 1390 bis 1423 Fürstbischof im Bistum Passau und von 1418 bis 1423 Administrator des Erzbistums Gran.

Krüppelwalmdach versehen.  Die Fensteröffnungen erhielten gemalte Umrahmungen, die 1975/1977 nach historischem Befund erneuert wurden.

Umbaumaßnahmen im Inneren: Die Erdgeschossräume erhielten Gewölbe, ein Treppenhaus wurde eingebaut, die Kapelle im ersten Obergeschoss neu gestaltet, gewölbt und ausgemalt.

Die ehemalige Schlosskapelle musste wegen des Treppenhauses verkürzt werden. Die Wände der Kapelle wurden neu bemalt: Apostelkreuze und Tafeln mit Sprüchen.

Fürstbischof Urban von Trenbach (1561-1598)

Mit seiner Regierung von 37 Jahren ist Urban zu einem der größten Fürstbischöfe von Passau geworden, mildtätig, kirchenstreng. Die Gegenreformation fegte jetzt in der Stadt Passau die letzten Anhänger der Reformation hinweg. Gleichzeitig setzte sich unter Urban von Trenbach die durch das Konzil von Trient ausgehende Glaubenserneuerung des Katholizismus, die sog. „Katholische Reform“ durch. Anders als in anderen Bischofsstädten verzichtete Bischof Urban zur Bekämpfung der Neuen Lehre auf die Jesuiten. Er rief 1564 den Orden der Franziskaner, und zwar die strenge Richtung, die Observanten, nach Passau. Auf den Salzburger Provinzsynoden von 1569 und 1573 erwies sich Urban als einer der reformeifrigsten Bischöfe. Die Kurie rechnete ihn im Jahre 1570 zu jenen deutschen Bischöfen, auf deren katholische Haltung man uneingeschränkt vertrauen konnte.

Die Hauptsorge Urbans galt der geistigen und sittlichen Erneuerung des Diözesanklerus. Er ordnete eine Reorganisation der Dekanatseinteilung an und schärfte den neubestellten Landdekanen ein, Zucht und Lebenswandel der Geistlichen gewissenhaft zu überwachen. Seinem Klerus gab er gegen ein bescheidenes Entgelt gute katholische Bücher in die Hand. Bischof Urban war darüber hinaus bestrebt, möglichst bald ein Priesterseminar nach den Wünschen des Konzils von Trient zu errichten. Hier blieb ihm indes der Erfolg versagt, da das Domkapitel und vielfach auch die anderen Pfründeinhaber jede finanzielle Beihilfe verweigerten. Überdies lehnten die weltlichen Landesherren strikt jede finanzielle Belastung der Kirchen- und Pfründestiftungen für Seminarzwecke ab.

Bemerkenswert ist, dass ausgerechnet dieser aus niederbayerischem Geschlecht stammende Passauer Bischof es war, dem es das Haus Habsburg zu danken hat, dass Passau nach zwei Jahrhunderten dem Einfluss Bayerns entzogen wurde, und zwar bis zur Säkularisation (1803). Bayerns eigensüchtige und unkluge Politik gegen die Passauer Handelsinteressen wollte dieser durchaus selbstbewusste Fürstbischof nicht ungestraft hinnehmen. Von den Wittelsbachern enttäuscht, tat er alles, einen Habsburger als Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge zu gewinnen. Da das Domkapitel mit der einen Hälfte der Stimmen den Habsburger Leopold, mit der anderen Hälfte den Wittelsbacher Ferdinand als Koadjutor bestimmte, konnte er Rom die Entscheidung überlassen, das sich 1598 für Erzherzog Leopold als Bischofskoadjutor entschied.

In der Schlosskapelle ließ Trenbach einen um 1425/30 entstandenen Gemäldezyklus, der wohl Passauer Bischöfe, Engel mit Schriftbändern zeigte, übertünchen. Statt ihrer wurden 1581 an den wänden Weihekreuze (Apostelkreuze) und eine Reihe von Inschriftenkartuschen angebracht. Im Zuge der restaurativen Instandsetzungsarbeiten hat man sie 1978 in das zweite Oberschoss in eine über der Kapelle liegende Halle des Treppenhauses übertragen.

Die Obernzeller Rollwerkkartuschen

Diese lateinischen Sprüche orientieren sich an literarischen Vorlagen bzw. der Bibel. Das Werk „Ad veram Sapientiam“ von Juan luis Vives bildet die maßgebliche Grundlage. Dieses Buch ist im Jahr 1548 in Köln erschienen. Der spanische Philosoph und Theologe war einer der meistgelesenen Autoren des Humanismus. Als Emigrant hat Vives überwiegend in Brügge und Löwen gelebt.

Die Sprüche thematisieren die Anliegen, mit denen Gläubige in die Kapelle kommt: wie die Gebete sein und wie sie verrichtet sein sollen, auf welche Weise Buße für Sünden geleistet werden soll, eine Art geistlicher Leitfaden oder Inspiration für die Betenden. Der lesende Besucher wird mit „du“ angesprochen. Die Schrift ist in Kapitalis ausgeführt.  

Die Sprüche befinden sich in quereckigen Schrifttafeln, die von zarten Rollwerkrahme eingefasst sind. Während von den Seiten Bänder mit Blumen und Früchten in zwei Bögen herabhängen beziehungsweise in der Mitte durch die Öse laufen, wird die obere Seite von Zweigen begleitet. Derartige Inschriftenkartuschen gehören nicht zu den gängigen Ausstattungselementen von Schlosskapellen. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die traditionelle Bildlichkeit durch Schriftlichkeit vollzogen.

Die Obernzeller Kartuschen haben Vorbilder in Gestalt von Ornamentstichfolgen: 1533 brachte der Verleger Hieronymus Cock in Antwerpen lateinische Inschriften des Florentiner Malers Benedetto Battini heraus. Es sind auf blauen Papier gebogene und volutenförmig eingerollte Bänder mit Sprüchen antiker Philosophen. Bestimmt waren diese Grafiken für Epitaphien, Grabmälern, Altäre, Glasfenster, Landkarten, Alben usw.

Woher könnte die Idee des Inschriftenprogramms stammen?

Bischof Urban war in alten Sprachen bewandert. Er hatte an den Universitäten in Wien, Ingolstadt, Bologna und Padua studiert und mehrfach Reisen nach Rom unternommen.

Inschriften in Latein, Griechisch und Hebräisch trägt auch der typologisch struckturierte Altar in der Trenbachkapelle, die er 1572 am Kreuzgang des Passauer Doms errichten ließ.

Der dreiteilige Altar aus rotem Marmor und gelbgrauem Kalkstein stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert und zeigt auf seinen Reliefs Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament. Diese sind typologisch aufeinander bezogen und mit Inschriften in lateinischer, griechischer und hebräischer Sprache erläutert.

Eine mögliche Anregung könnte von Erasmus von Rotterdam stammen, der im Geiste des Humanismus Antike und Christentum zu einer Einheit zusammenführte. Im 1522 erschienenen Dialog „convivium religiosum“ wird ein ideales Landgut vorgestellt, in dem man zu einem Gastmahl einlädt. Am Torgebäude der fiktiven Humanistenvilla begegnen dem Gast lateinisch, griechisch und hebräisch verfasste Zeilen, die ihm zum Nachdenken und zur sittlichen Umkehr anregen sollten: „Willst du zum Leben eingehen, so befolge die Gebote.“ Mt. 19  –  „Tut Buße und bekehret euch“ Apg. 3. – „Der Gerechte jedoch bleibt am Leben durch den Glauben.“ Hab 2,4.

Bereits 1500 hat Erasmus ein Werk „Adagia“ geschrieben, eine Sammlung lateinischer und griechischer Spruchweisheiten und Redensarten zur moralischen und sprachlicher Unterweisung. 

Im Portalbereich des Ortenburger Schlosses gibt es sechs moralisierende Vierzeiler in deutscher Sprache innerhalb von Rollwerkkartuschen.

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Juan Luis Vives (valencianisch und katalanisch Joan Lluís Vives, deutsch Johannes Ludwig Vives, lateinisch Ioannes Lodovicus Vives; * 6. März 1493 in Valencia; † 6. Mai 1540 in Brügge) war ein spanischer Humanist, Philosoph und Lehrer.

Vives Eltern waren zwangsgetaufte Juden. Der Vater wurde durch die spanische Inquisition auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die Gebeine der Mutter wurden 24 Jahre nach ihrem Tod aus dem christlichen Friedhof wieder ausgegraben und nachträglich nach einem Autodafé verbrannt. Als Kind von Marranen erlitt der Humanist, Europäer und Sozialreformer ein trauriges Schicksal im Schatten der spanischen Inquisition. Vives studierte von 1509 bis 1512 Philosophie und Theologie an der Sorbonne in Paris, wo er mit den Gedanken des Humanismus in Kontakt kam. 1512 zog er von Paris nach Brügge, wo er die Tochter einer spanischen Kaufmannsfamilie unterrichtete, die er 1524 heiratete. Ab 1516 hielt sich Vives

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Juan Luis Vives

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Urbanus Episcopus Pataviensis  1581  Wappenstein des Passauer Fürstbischofs Urban von Trennbach und Hochstift Passau an der Decke der ehemaligen Schlosskapelle im ersten Obergeschoss. Ovales Wappenmedaillon in Rollwerkrahmen. Oben und unten Schriftband. Kapitalis

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Sei deinem Mitmenschen gegenüber so, wie du dir wünschest, dass Christus dir gegenüber sei!  Sieh in allem darauf, dass der Schlange ….   (Metapher für Teufel)  Unvollständig erhalten.

Widersteht den Versuchungen des Teufels! Das Leben des Menschen auf Erden ist wie ein Militärdienst

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Wenn du beten willst, dann tue es; denn die göttlichen Weissagungen verfluchen den, der das Werk Gottes nachlässig begeht und nicht ohne Grund ist von den Alten gesagt worden: er sitzt im Bereich eines, der sich niederwerfen wird.  Nach Vives, Introductio Satz 315

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Unsere Wünsche sollen nüchtern bedacht und würdig sein, von Gott erbeten und von Gott gewährt zu werden: erst dann dürfen wir mit einiger Berechtigung hoffen: Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?  Nach Vives, Introductio Satz 317

Wasche den Schmutz der Sünde mit Tränen, miut Buße, mit Almosengeben uind mit der Anrufung der göttlichen Milde ab! Vertraue fest auf sie!   Nach Vives Introductio Satz 581 

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Sooft du hörst, dass Gott genannt wird, ereignet sich etwas Größeres und Wunderbares als das, was der menschliche Verstand erfassen kann.  (Nach Vives, Introductio Satz 299

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Der einen Gottheit … Personen …. Nicht aus welchem Grunde…(etwas) gesagt wird, sondern von wem es gesagt wird.

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Der einen Gottheit … Personen …. Nicht aus welchem Grunde…(etwas) gesagt wird, sondern von wem es gesagt wird.

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Diese Sprüche, die anfangs im ersten Stock in der Kapelle geschrieben standen, wurden im Jahre 1976 hierher übertragen und im folgenden Jahr wiederhergestellt.

SI IN CITHARODEDO FI DIBUS SONARE LINGUAM

Wenn es schon für jemanden, der singt, und sich dabei auf der Leier begleitet, eine Schande ist, nicht die gleiche Melodie zu singen und zu spielen, dann ist es für uns eine noch viel größere Schande, beim Gotteslob im Geiste an etwas anderes als an das, was wir mit der Zunge sprechen, zu denken.