20. Station: Das Gemeindewappen von Wernstein am Inn bestehend aus dem Stammwappen der Ritter von Schmelzing und dem Wappen des Grafen Georg Ludwig von Sinzendorf

20. Station: Das Gemeindewappen von Wernstein am Inn bestehend aus dem Stammwappen der Ritter von Schmelzing und dem Wappen des Grafen Georg Ludwig von Sinzendorf

Das Gemeindewappen von Wernstein am Inn. Die beiden goldenen, aufgerichteten Löwen mit roten Krallen und roten Zungen sowie die Spitze sind dem Stammwappen der Ritter von Schmelzing, die drei Quadersteine dem Wappen des Grafen Sinzendorf entnommen. Beide Geschlechter haben die Geschichte Wernsteins geprägt und Spuren hinterlassen. Die gewellte Linie weist auf die Lage Wernsteins am Inn hin.

Die lutherische Zeit der Grafschaft Neuburg- ein reformatorisches Inter-mezzo

Nach dem Tod von Graf Niklas von Salm im Jahre 1550, der auf seinem Besitz Schloss Erlau (Eger) im Norden Ungarns begraben wurde, übernahm dessen Sohn, Graf Julius I. von Salm (1531-1595), kaiserlicher Kämmerer und Reichshofrat, im Jahre 1561 die Grafschaft Neuburg am Inn. Mit dem Ortenburger Reichsgrafen Graf Joachim stand er in brieflichem Kontakt, als dieser am 27. Oktober 1563 in seiner Reichsgrafschaft Ortenburg (bei Passau) die Reformation einführte, was zu Aus-einandersetzungen mit dem bayerischen Herzog Albrecht V. (1550-1579) führte.

Reichsgraf Joachim von Ortenburg (1530-1600), Herzog Albrecht V. (1550-1579)

Wie viele seiner adeligen Standesgenossen in Österreich hing auch Graf Julius dem lutherischen Glauben an. 1568 hatte Kaiser Maximilian II. (1564-1576) unter dem Druck der Türkengefahr den adeligen Ständen in Österreich unter und ob der Enns die freie Ausübung der Augsburger Konfession gewährt. Zu einer Freigabe des Be-kenntnisses für alle Bewohner des Landes konnte er sich aber nicht entschließen, da Maximilian unerbittlich daran festhielt, dass das „ius reformandi“ nur ihm als Landesfürsten, nicht aber den Ständen zustände.

Graf Julius war oberösterreichischer Landstand, deshalb hatte er nur das Recht, für sich lutherisch zu sein, denn das „ius reformandi“ besaß er nicht. So war es Julius von Salm verwehrt, den lutherischen Glauben für die Untertanen in seiner Grafschaft Neuburg verbindlich zu machen. Julius stellte aber lutherische Prädikanten als Hof-prediger an, die für die Familie des Grafen Julius und andere Adelige lutherische Gottesdienste abhielten.

Das Wirken des Neuburger Prädikanten übte auch auf bayerische Untertanen große Anziehungskraft aus, die daraufhin verbotenerweise zu deren Predigten auf Schloss Neuburg kamen und die Sakramente empfingen. Die Situation eskalierte, als Graf Julius Anfang 1564 die aus Ortenburg vertriebenen Prädikanten Coelestin und Karrer bei sich auf dem Schloss gastlich aufnahm.

Deckblatt der „Christlichen Vermanung“, Johann Friedrich Coelestin

Coelestin plante von der Neuburg aus, seine verlassene Ortenburger Gemeinde wei-terhin zu betreuen. Am 5. März hielt er in der Schlosskapelle eine Predigt, die sich eines großen Zulaufs bayerischer Untertanen erfreute.

Daraufhin intervenierte der Passauer Bischof bei Kaiser Ferdinand I. (1558-1564), und auf kaiserlichen Befehl musste Graf Julius die beiden Prediger Coelestin und Karrer aus seiner Grafschaft ausweisen. Damit waren Graf Julius seine Grenzen auf-gezeigt, denn er konnte es sich nicht leisten, bei Kaiser Ferdinand, der auch sein Dienstherr war, als aufrührerisch und ungehorsam zu gelten.

Graf Julius versuchte, auf die Seelsorge in seiner Grafschaft Einfluss zu nehmen und verbot einem Mönch des Klosters Vornbach das Abhalten der katholischen Gottes-dienste in der Pfarrei Neukirchen am Inn und entzog dem Kloster Vornbach die Einkünfte. Die gräflichen Untertanen besuchten die evangelischen Gottesdienste, die im Mauthaus des lutherischen Pflegers Leonhard Schmelzing in Wernstein gehalten wurden, ließen ihre Kinder taufen, kamen in ihren Häusern zu geheimen Winkel-predigten zusammen und bezahlten den lutherischen Prädikanten aus eigenen Mitteln.

Um die Bestattung ihrer Glaubensgenossen auf dem Friedhof von Neukirchen nach evangelischem Brauch sicherzustellen, fanden sie sich sogar bereit, dem unbeteilig-ten katholischen Geistlichen die Gebühren zu entrichten.

Die Verbindungen zwischen Neuburg und Ortenburg intensivierten sich, als Graf Joachim nach der Bestätigung der Reichsunmittelbarkeit Ortenburg durch das Reichskammergericht in Speyer im Jahr 1573 den wortgewaltigen Moses Pflacher als seinen neuen Pfarrer anstellte.

Pflacher weilte oft auf der Neuburg, und zwischen ihm und Graf Julius entwickelte sich eine innige Freundschaft.

Leichpredigt des Ortenburger Pfarrers Moses Pflacher für den Sohn von Graf Julius,1581

Am Sonntag Quasimodogeniti 1581, dem ersten Sonntag nach Ostern, begrub Moses Pflacher auch dessen wenige Jahre altes Söhnchen Julius, das auf tragische Weise ums Leben gekommen war, und hielt eine Leichenpredigt. 1582 stellte Graf Julius auf Bitten von Moses Pflacher dessen Bruder David Pflacher als Schlossprediger in Neuburg an.

Über das Wirken David Pflachers war man bayerischerseits sehr erbost, weil er bayer-ischen Untertanen in der Grafschaft Neuburg die lutherische Lehre predigte und deren Kinder unterrichtete.

Trotz wiederholter Beschwerden des bayerischen Herzogs Wilhelm V. (1579-1597) bei Kaiser Rudolf II. (1576-1612) hielt David Pflacher weiterhin im Schloss Schule und predigte sowohl in der Schlosskapelle als auch im unteren großen Saal, der in Schlossbeschreibungen späterer Jahre immer noch „lutherische Schule“ genannt wurde.

Die Grafschaft Neuburg wurde über ein Jahrzehnt lang bis 1593 zum Zufluchtsort für die Ortenburger Kirchengemeinde, als sich Graf Joachim ab 1580 zum Kalvinis-mus bekannte.

Die Ortenburger wehrten sich gegen die neuen kalvinistischen Prediger und Schul-meister und ließen sich nicht davon abbringen, nach Neuburg zu gehen, wo sie ihre Kinder lutherisch taufen ließen und die Sakramente empfingen. Bei David Pflacher, dem Hofprediger auf Schloss Neuburg, schien den Ortenburgern der rechte luth-erische Glaube verbürgt, wie er ihnen von ihrem vorherigen Pfarrer Moses Pflacher gelehrt worden war.

Als Graf Julius von Salm am 2. Juli 1595 starb, folgte ihm sein Sohn Graf Weikhart (1575-1617) in der Herrschaft. Dann verlieren sich die offiziellen schriftlichen Quellen über Ereignisse im Zusammenhang mit der lutherischen Lehre. Wie lange der lutherische Prediger Jeremias Hüttenloch in Neuburg blieb, ist nicht genau verbürgt.

Kaiser Ferdinand II. (1619-1637)

Der bayerische Herzog Maximilian I. (1597-1651)

In den Habsburger Territorien, wozu auch die Grafschaft Neuburg gehörte, ver-schwand der lutherische Glaube endgültig, als Kaiser Ferdinand II. (1619-1637) mit Hilfe des bayerischen Herzogs Maximilian I. (1597-1651) den als Konfessionskrieg geführten Machtkampf um die Krone Böhmens mit der Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 für sich entschied. Er besiegte die aufständischen Böhmen und die mit ihnen verbündeten österreichischen Landstände.

Die Schlacht am Weißen Berg am 8. Nov. 1620. Die Aufstellung der Heere zu Beginn der Schlacht, Kupferstich eines unbekannten Meisters

Die Schlacht am Weißen Berg am 8. Nov. 1620, Flucht des böhmischen Heeres

Im Gegensatz zu der benachbarten Reichsgrafschaft Ortenburg konnte die Grafschaft Neuburg den lutherischen Glauben nicht beibehalten, da es habsburgischer Besitz war. Nach dem Sieg der kaiserlich-katholischen Partei in Böhmen ging Kaiser Ferdi-nand II. ebenfalls in den Habsburger Erblanden mit ganzer Härte gegen den protes-tantischen Adel vor.

Kaiser Maximilian II. (1537-reg.1564 -1576) mit seiner Familie, ca 1555, Giuseppe Arcimboldo zugeschrieben, Kunsthistorisches Museum Wien, Bilddatenbank

Dies hatte auch Auswirkungen auf die zum Habsburger Herrschaftsgebiet gehörende Grafschaft Neuburg, wo nun offiziell der lutherische Ritus verboten wurde.
Die Erinnerung an diese lutherische Phase der Grafschaft Neuburg jedoch wirkte fort, denn in den Schlossbeschreibungen wurde noch lange von einer lutherischen Kirche gesprochen.

Nach dem Tode des Niklas IV. ging die Grafschaft auf seinen Bruder Julius I. († 1595) über, dann auf dessen Sohn Weikart († 1617), und schließlich auf dessen Sohn Julius II. († 1654).

Julius II. Graf, Besitzer der Grafschaft Neuburg am Inn, Landeshauptmann in Mähren, (1600 Neuburg am Inn-1.5.1654 Tobitschau)

Julius II. (1600-1654), der Inhaber der Grafschaft Neuburg, war auch Landeshaupt-mann von Mähren und erhielt 1637 den böhmischen Grafenstand verliehen. Nach seinem Tod ging die Grafschaft Neuburg auf seinen Bruder Karl I. († 1662) über, der sie im Jahr 1654 für 400.000 Gulden an Georg Ludwig Graf von Sinzendorf veräußerte.

Die lutherischen Schmelzinger – Verwalter der Grafschaft Neuburg

Zu den führenden Vertretern der lutherischen Gemeinde in der Grafschaft Neuburg zählte Leonhard Schmelzing, der von 1560 bis 1584 Verwalter der Grafschaft Neu-burg und Mautner in Wernstein war. Er war ein Bruder des Passauer Bürgers Bern-hard Schmelzing. Beiden gehörte der Edel- und Freisitz Zwickledt in der Herrschaft Wernstein, der ihnen von Graf Julius I. von Salm im Jahr 1567 verliehen worden war.

der Edel- und Freisitz Zwickledt

Leonhard Schmelzing hatte unter Kaiser Karl V. an dessen Krieg gegen Frankreich teilgenommen und gehörte später zur Leibgarde König Philipps II. von Spanien. Für seine treuen Dienste wurde Leonhard Schmelzing im Jahr 1567 von Kaiser Maxi-milian II. (1537-reg. 1564 – 1576) in den Adelsstand erhoben.

Darüber hinaus besaß Leonhard in der Grafschaft Neuburg einen Hof in Fürstdobl, den sog. Schmelzinger Hof, aus dem die Familie Schmelzing hervorging. Aus dem landwirtschaftlichen Betrieb hat sich in den letzten Jahrzehnten ein großes Logistik-unternehmen entwickelt (Brummer Logistik und Brummer Thermologistik).

Schmelzingerhof und Brummer Logistik im Jahr 2019

Joachim und Bernhard Schmelzing versuchten sich ein Familiengrab zu sichern, indem sie auf ihre Kosten die St. Georgs-Kapelle in Wernstein ausmalen und mit Er-laubnis des Passauer Dekans einen Grabstein aufstellen ließen. Dort wurde dann später der Sohn von Bernhard Schmelzing beigesetzt.

Als Bernhard Schmelzing 1565 starb, wurde ihm in Passau das Begräbnis verweigert, weil er seit 22 Jahren nicht den schuldigen christlichen Gehorsam geleistet habe und der Stadtpfarrer ihn für lutherisch hielt. Daraufhin veranlasste sein Bruder Leon-hard Schmelzing, dass sein Leichnam nach Neuburg gebracht und im Schloss aufbe-wahrt wurde. An Anwesenheit vieler Passauer Bürger hielt der Prädikant David Pflacher die Leichenpredigt, anschließend wurde der Tote mit vielen „deutschen luth-erischen und sektischen“ Gesängen zur St. Georgs-Kapelle in Wernstein geleitet und vor den Stufen des Altars beigesetzt.

Bischof Urban von Trenbach (1561-1598)

Bischof Urban von Trennbach verhängte daraufhin das Interdikt über Wernstein, ließ den Leichnam entfernen und außerhalb der Kirche begraben.

1584 hatte Joachim von Schmelzing (1564-1620) von seinem Vater Bernhard von Schmelzing das Amt des Verwalters der Grafschaft Neuburg und des Mautners zu Wernstein übernommen, das er bis zu seinem Tod im Jahr 1620 ausübte. Joachim bekannte sich ganz offen zur lutherischen Lehre und unterschrieb zusammen mit seinem Bruder Ludwig von Schmelzing im Jahr 1608 auf Wildenhaag (Straß im Atter-gau, Bezirk Vöcklabruck, Oberösterreich) die große Konföderation der protestan-tischen Stände von Oberösterreich.

Schloss Wildenhag nach einem Stich von Georg Matthäus Vischer von 1674 aus der Topographia Austriae superioris modernae

Das Wappen der Schmelzinger in den Kirchen von Wernstein und Neu-kirchen am Inn

In den Kirchen von Wernstein und Neukirchen am Inn bezeugen Epitaphe mit reformatorischem Inhalt, dass Joachim Schmelzing dem lutherischen Glauben an-hing.

Epitaph des Joachim von Schmelzing und seiner Frau Renate von Schwartzdorff

Das linke Wappen oben am Gesims ist Bestandteil des Wappens der Gemeinde Wernstein geworden

Auf dem Epitaph in Wernstein sieht man Joachim von Schmelzing mit seiner Frau Renate von Schwartzdorff unter dem Kruzifix knieend, darunter eine ovale In-schriftentafel: Omnia sunt hominum tenui pendentia filio et subito casu quae volvere ruunt (Distochon aus Ovid, Ex Ponto): „Alles Menschliche hängt an einem seidenen Faden. Und im plötzlichen Fall stürzt, was vorher noch galt.“

Seitlich des Reliefs sind Voluten, darüber unverkröpftes Gesims, über welchem zwei Wappen mit einem Cherubskopf in der Mitte angebracht sind.

Das linke Wappen oben am Gesims ist Bestandteil des Wappens der Gemeinde Wernstein geworden.

In Neukirchen am Inn ist ein Bibelwort aus Römer 14 in der Übersetzung Martin Luthers beigefügt: „Wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.“

DEO OPTIMO MAXIMO
Allhie ligt begraben weillendt der Edl vund Gestreng/
here Joachim Schmeltzing zum Fürstabel verwalter/
der Graffchafft Neuburg vnd Mauth wernstain/
so gestorben den 23. Augusty Anno Christi 1620/
seines Alters 55 Jahr dem Gott genadt/
wier leben oder sterbe(n), so sindt wier des herren ROM(ANOS) XIII

Wappengrabplatte für den neuburgischen Verwalter und Mautner von Wernstein Joachim Schmelzing zu Fürstdobl (1565-1620), und Maria, geb. Scharffseder von und zu Ruckering, Pfarrkirche in Neukirchen am Inn.

Wappen Schmelzing: Zwei St. Markus Löwen und Mannesrumpf in eingebogener Spitze. Wappen Scharffsed: mit dem aus Baumstumpf über einem Dreiberg und zwei gekörnten Schlangen gevierten Wappen. Die Platte nennt das Bibelwort aus Römer 14 in der Übersetzung Martin Luthers: „Wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.“

Allhie liegt begraben auch die Edle Frau Frau/ Maria schmeltzingin göborne SCharffsederin von/ Kicherding welche in christi seliglichen eingeschlaffen/den Anno CHRISTI (—)Ihres Alters deren Gott genedig/ sey

Hochrechteckige Platte, in drei Felder unterteilt, oben breites Feld mit gerundeten Seiten in Lorbeerrahmen, darin Grabinschrift für Joachim Schmelzing, in den Ecken oben Blattwerk, unten Rosetten, in der Mitte zwei verschmelzende hochelliptische Medaillons mit Relief je eines Vollwappens, in den Zwickeln um die Medaillons Blattwerk; darunter breites Feld mit gerundeten Seiten in Lorbeerrahmen, darin Grabinschrift für Maria Schmelzing, in den Zwickeln Blattwerk. Kalkstein

Nicolaas Schmelzing (1561-1629) – ausgewandert in die Niederlande- und die Winterkönigin Elisabeth Stuart

Porträt von Nicolaas Schmelzing ( 1561-1629) von Jan van Ravesteyn und Werkstatt National Militair Museum MH419

Leonhards Schmelzing in Zwickledt geborener Sohn Niklas (1561-1629), der Bruder von Joachim vom Schmelzing, war ebenfalls lutherisch gesinnt, weshalb er zu Beginn der 1590er Jahre in die niederländischen Provinzen emigrierte.

Als Nicolaas Schmelzing ist er dort als Höfling und Kriegsbefehlshaber aber auch durch seine brieflichen Korrespondenzen und seine Gemäldesammlung in die Ge-schichte eingegangen. Er trat in den Dienst des Herzogs von Nassau. 1593 erhielt er auf besonderer Empfehlung des Grafen Philipp von Nassau und des Prinzen Moritz von Oranien und auf Vorschlag der Provinz Utrecht von den Generalstaaten ein Patent als Rittmeister der Staaten der Niederlande. So nahm Nicolaas Schmelzing an der Kavallerie-Schlacht bei Lippe teil. 1616 wurde er zum Vizegouverneur der Provinz Overijssel ernannt und 1625 zum Präsidenten des Exekutivkriegsrats gewählt.

Nicolaas Schmelzing, der unvermählt war, verkehrte in Rhenen am Hof der dort im Exil lebenden böhmischen Königin Elisabeth Stuart (1596-1662), der Enkelin von Maria Stuart. Elisabeth Stuart wurde schon zu Lebzeiten als Winterkönigin be-kannt. Sie war Stammmutter sämtlicher Monarchen Großbritanniens.

Nicolaas Schmelzing am Hofe der Winterkönigin Elisabeth

Elisabeths Hof war der geistige Mittelpunkt der protestantischen Gesellschaft. Sie entsprach dem Schönheitsideal der damaligen Zeit. So wurde sie anerkennend „Pearl of Britain“ (deutsch: Perle Britanniens), Englands Rose und nicht zuletzt aufgrund ihres Charmes „Queen of Hearts“ (deutsch: Königin der Herzen) genannt. Elisabeth erhielt fast kultische Verehrung durch viele Bewunderer, so auch durch Nicolaas Schmelzing, mit dem sie einen Briefwechsel führte. Der Dichter, Komponist und Diplomat Constantijn Huygens (1596 – 1687), der für ein gebildetes Publikum mora-lische und fromme Gedichte schrieb, widmete im Jahr 1628 Nicolaas Schmelzing und Elisabeth Stuart ein Gedicht.

Elisabeth Stuart war Prinzessin von England und Schottland und durch ihre Heirat mit Friedrich V. von der Pfalz, dem Winterkönig, von 1613 bis 1623 Kurfürstin von der Pfalz sowie von 1619 bis 1620 Königin von Böhmen. Das reichbestickte Gewand, die exquisiten Spitzenmanschetten und Perlenschnüre um Hals und Armgelenke künden von hoher Stellung; das aufgelöste Haar und der träumerische Blick aber zeigen die private Seite einer Frau, die zu den romantischen Figuren des 17. Jahr-hunderts gehört: So malte der Flame Michael van Mierevelt 1622 die „Winterkönigin”.

Als moderne Helena, die den 30jährigen Krieg entfesselte, attackierten sie ihre Feinde. Ihr Charme und ihre Furchtlosigkeit aber fanden viele Bewunderer. Und ihr wechselhaftes Schicksal machte sie zur tragisch umflorten Heroine.

Links: Die Winterkönigin Elisabeth Stuart (um 1623), Werkstatt von Michiel van Mierevelt

Rechts ¨Elisabeth Stuart (Gemälde von Gerrit van Honthorst, 1642), als trauernde Witwe. Sie trägt schwarz mit sehr wenigen Schmuckstücken, vor allem die Ohrringe, die ihr ihr Mann geschenkt hatte. Sie hält einen Zweig in der Hand, mit zwei Rosen, eine gesunde und eine verwelkte; dies ist zusammen mit dem schwarzen Band am Arm ein Symbol für ihren verwitweten Zustand. Der Hund ist das Symbol der Treue

Friedrich V.in Harnisch und Kurmantel mit der böhmischen Wenzelskrone, Reichsapfel und Zepter in den Händen, Kurschwert und Kurhut neben ihm; als Zeichen der Verbundenheit mit dem englischen König trägt er die Ordenskette des Hosenbandordens, Gemälde von Gerrit van Honthorst, dem Hofmaler Friedrichs V., posthum 1634 vollendet, Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg

Reiterbildnis des Königs Friedrich im Harnisch, im Hintergrund die Stadt Prag, 1619/20

Krönung Friedrichs V. zum böhmischen König in Prag im Jahr 1619, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Inv.Nr. IH 526

Die Schlacht am Weißen Berg von Pieter Snayers, Bayerische Staatsgemäldesammlungen München -Leihgabe Armeemuseum Ingolstadt-

Flugblatt über den Winterkönig

Gegen den katholischen Kaiser Ferdinand II. war Friedrich in Prag als Führer der protestantischen Union zum böhmischen König gewählt worden. Doch diese könig-liche Rolle spielte er nur einen Winter lang. Friedrich wurde am 8. November 1620 in der Schlacht am Weißen Berg von den Truppen der katholischen Fürsten unter Tilly entscheidend geschlagen.

Dank seiner nahen Verwandtschaft zu den Statthaltern der Niederlande – Friedrichs Mutter Louise Juliane war die Schwester des Statthalters Maurits von Oranien – sowie der konfessionellen und politischen Verbindungen fand der geächtete “Winter-könig” mit seiner Familie im Jahr 1621 Aufnahme in den Niederlanden.

Finanziell unterstützt von den Niederlanden und dem englischen Königshaus führten Friedrich und Elisabeth dort schon bald einen eindrucksvollen “Böhmischen Hof” und errichteten in Rhenen in der Provinz Utrecht eine stattliche Sommerresidenz.

Palais des Winterkönigs Friedrich V. in Rhenen (Niederlande), erbaut von Bartholomeus van Bassen, vollendet 1631

Palast des Winterkönigs in Rhenen, Provinz Utrecht

Als “Winterkönigin” wurde Elisabeth bereits zu Lebzeiten bekannt. 1632 Witwe geworden, bemühte sie sich um die Rückgabe der Kurpfalz an ihren ältesten Sohn Karl Ludwig; erst 1648 erhielt er die Kurpfalz in verkleinertem Umfang zurück.

Nach der Restauration des Hauses Stuart konnte Elisabeth Stuart im Jahr 1661 in ihre Heimat zurück-kehren, wo sie im folgenden Jahr starb.

Aufgrund des 1701 vom englischen Parlament erlassenen Act of Settlement wurde Elisabeths jüngste Tochter Sophie, als einzige zu diesem Zeitpunkt protestantische Nachfahrin der Könige von England und Schottland nach der Thronfolgerin Anne Stuart, zur Thronerbin dieser Länder bestimmt. Sophias Sohn Kurfürst Georg I. von Hannover bestieg daraufhin im Jahr 1714 den britischen Thron. Elisabeth Stuart wurde dadurch zur Stammmutter sämtlicher Monarchen Großbritanniens.

Nicolaas Schmelzing starb am 8. September 1629 während der Belagerung von ‘s-Hertogenbosch, als eine niederländische und englische Armee die zu den spanischen Niederlanden und dem spanischen König treu gebliebene Stadt eroberten. Schmelzing wurde in Heusden stattlich beerdigt.

Das Wappen des Grafen Georg Ludwig von Sinzendorf (1616-1681) und das Wappen von Wernstein, Hofkammerpräsident des Kaisers Leopold I. in Wien

Georg Ludwig Graf von Sinzendorf im Alter von 30 Jahren mit der Inschrift DOMINVS MIHI ADIVTOR (der Herr ist mein Helfer) von Widemann, Elias, Zeichner, Stecher, Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz

Georg Ludwig Graf von Sinzendorf (1616-1681) erwarb im Jahre 1654 die Grafschaft Neuburg für 203.000 Gulden von der Witwe des Grafen Julius II. von Salm (1600-1654). In seiner Zeit wurde die Neuburg zum glanzvollen Ausdruck adeliger Selbst-darstellung, wobei seine Motive vielschichtig waren. Die aristokratische Wertevor-stellung, Repräsentation durch Architektur bedeute Legitimation, führte zu einer baulichen Ausgestaltung der Neuburg ganz eigener Prägung.

Denn neben der profanen barocken Pracht, die im Innen- und Außenbereich des Schlosses zur Entfaltung kam, suchte Graf Sinzendorf sein Prestige durch Attribute der Frömmigkeit zu erhöhen. In seiner Zeit entstand ein Kalvarienberg mit Kreuzweg-stationen, religiösen Bildwerken und der Mariensäule. Diese bewusste konfessionell-religiöse Akzentuierung seines Schlosses liegt in der Biographie Sinzendorfs begründet.

Sinzendorfwappen aus dem Wappenbuch des Nürnberger Siebmachers und Kupferstechers Johann Ambrosius Siebmacher ( 1561-1611)

Die aus Niederösterreich stammende Familie Sinzendorf gehörte im 17. Jahrhundert zur hochadeligen Führungsschicht, die die wichtigsten Ämter am Hof und in der Armee besetzte und als Berater des Kaisers die Politik entscheidend mitbestimmte.

Das Leben

Georg Ludwig von Sinzendorf wurde am 17. Januar 1616 als Sohn Pilgrams II. Sinzendorf aus der Fridauer Linie und Susanne Trauttmansdorff geboren. Der Bruder seiner Mutter war der mächtige Maximilian Trauttmansdorff, Obersthof-meister Kaiser Ferdinands III. (1636-1657). Die hohe Stellung seines Onkels am kaiserlichen Hof förderte die Karriere Sinzendorfs, der 1650 als Hofkammerrat in die Hofkammer eintrat und ein Jahr später bereits Vizepräsident der Hofkammer wurde.

Sinzendorfs Wechsel zum katholischen Glauben im Jahr 1663 beflügelte seine Hofkarriere; sein öffentliches Leben wurde zur Erfolgsgeschichte.

Denn für Sinzendorf spielte der Glaubensübertritt eine entscheidende Rolle bei der Strategie, die viele protestantische Adelige anwendeten, um am Hof der Habsburger eine politische Karriere machen zu können. Am Kaiserhof in Wien war Sinzendorf im Zentrum der politischen Macht, Treffpunkt des Kaisers mit der adeligen Führungsschicht des Heiligen Römischen Reiches. Die Habsburger vergaben Hof- und Staatsämter im Rahmen einer gezielten Rekrutierungspolitik. Sinzendorf begann seine Karriere als Kammerherr des Kaisers Ferdinand III. (1636-1657).

Sein Wechsel zum katholischen Glauben im Jahr 1653 beflügelte seine Hofkarriere. Er war das Muster-beispiel eines Adeligen mit protestantischen Wurzeln, für den der Wechsel des Bekenntnisses den Beginn einer verheißungsvollen Zukunft bedeutete.

Der Emporkömmling Sinzendorf suchte neben den vielen Ämtern am Wiener Hof seinen Besitz an Gütern und Herrschaften durch Erbschaft, Heirat und Kauf zu vermehren. Graf Georg Ludwig Sinzendorf war als langjähriger Hofkammerpräsident Leiter des Finanzwesens.

Sinzendorf besaß ein Palais in Wien in der Herrengasse 19, wo er mit seiner Familie wohnte und das er von den Starhembergs kaufte. Wegen der unmittelbaren Nähe zur Hofburg lebten in dieser Gasse viele Adelige. Am Kaiserhof in Wien, dem wichtigsten Ort der politischen Eliten, war Georg Ludwig Graf von Sinzendorf im Zentrum der politischen Macht.

Die Habsburger haben die wichtigsten Hof- und Staatsämter durch eine gezielte Rekrutierungspolitik vergeben, wodurch sich eine höfische Elite formierte, die sich in erster Linie mit der Dynastie der Habsburger identifizierte.

Sinzendorf suchte neben den vielen Ämtern am Wiener Hof seinen Besitz an Gütern und Herrschaften durch Erbschaft, Heirat und Kauf zu vermehren.

Das Sinzendorfwappen mit der Reichskrone

Nachdem Sinzendorf 1653 die freie Reichsherrschaft Thannhausen in Schwaben gekauft hatte, wurde er auf dem Reichstag zu Regensburg auf der schwäbischen Grafenbank in den Reichsrat eingeführt und 1654 mit dem erblichen „Reichs-Erbschatzmeisteramt“ des römisch-deutschen Kaisers belehnt; als Zeichen durfte er in sein Wappen die Reichskrone aufnehmen

Um die Kaiserkrone (als Erbschatzmeister) gemehrtes Stammwappen der Sinzendorfer

Mährisches gemehrtes Wappen der Grafen von Sinzendorf, 1653/1809, Conrad Tyroff: „Neues Adeliches Wappenwerk, Band 2, Verlag: Conrad Tyroffsches Wappen-, auch Kunst- und Kommissionsbureau, Nürnberg 1809, 2. Teil, T. 89

Die Funktion des Erbschatzmeisters hat Georg Ludwig von Sinzendorf bereits anlässlich der Kaiserkrönung Leopolds I. in Frankfurt im Jahr 1658 ausgeübt, weshalb er Kaiser Leopold die Reichskrone vorantragen durfte. In erster Ehe heiratete Sinzendorf die zehn Jahre ältere Witwe Anna Regina, eine Tochter von Helmhart Jörger, der große Ländereien besaß. Diese Heirat war für Sinzendorf ein weiterer Schritt zur Erweiterung seiner sozialen und ökonomischen Macht. Nach deren Tod im Jahre 1660 erbte Sinzendorf ihr gesamtes Vermögen und ihren Güterbesitz.

Im November 1661 heiratete er die 1645 geborene 29 Jahre jüngere Dorothea Elisabeth Holstein-Sonderburg (1648-1725) aus der Linie Wiesenburg, eine geborene Herzogin von Schleswig-Holstein, die aber Protestantin blieb. Die Heirat mit einer Herzogin war für Sinzendorf eine wichtige Reputation; die Hochzeit in Wien ent-wickelte sich beinahe zu einer Staatsangelegenheit, da auch Kaiser Leopold I. mit seiner Familie eingeladen waren. Aus dieser Ehe Sinzendorfs gingen drei Kinder her-vor. Durch die Eheverbindung mit dem Fürstenhause Holstein wuchs das Prestige des Hofkammerpräsidenten.

Die als schön, stolz und Pracht liebend beschriebene Frau benutzte die hohe Stellung und die reichen Mittel ihres Mannes dazu, in Wien mit ungeheurem Aufwand die glänzendsten Feste zu veranstalten, dass sie sogar die Eifersucht der Kaiserin Claudia Felizitas (1653-1676), der zweiten Frau Kaiser Leopolds I. erregte. Georg Ludwig von Sinzendorf stand seiner Gattin in ihrer Prunksucht in nichts nach, denn er betrieb großen Aufwand für seine Festbankette und Tafeln.

Im Jahre 1663 verlieh Kaiser Leopold I. Sinzendorf das große Palanitat. Diese heraus-ragende zeremonielle Ehrenbezeichnung erwies sich für Sinzendorf als Sprungbrett für eine ganz große Hofkarriere; das große Palanitat war erblich und wurde nur an kaisertreue Adelsfamilien verliehen, die dadurch mit bestimmten Privilegien ausgestattet wurden.

Georg Ludwig von Sinzendorf, Träger des Goldenen Vlieses

Von Georg Ludwig von Sinzendorf gibt es zahlreiche Portraits als Ölbild und Kupfer-stiche, die sicherlich seine Eitelkeit widerspiegeln, denn von anderen Würdenträgern des Wiener Hofes gibt es nicht diese Vielzahl von Bildern. Diese Portraits halten Sinzendorf in seiner Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit bildlich fest und überhöhen ihn. Das Portrait, das einst Herrschaftssymbol und Privileg war, sich als Individuum zu inszenieren, war nur den obersten Schichten der Gesellschaft vorbehalten.

1663 wurde Sinzendorf Ritter des Goldenen Vlieses und durfte das an einer Collane hängendes goldenes Widderfell tragen, was ein enormer Gunstbeweis des Kaisers war. Mit diesem exklusiven Habsburger Hausorden war Sinzendorf vollends in den Kaiserhof integriert, in den die aristokratische Elite und der hohe Adel der österreichischen, böhmischen und ungarischen Länder sowie Mitglieder des Reichsadels eingebunden waren. Sie bildeten als Ritter des Goldenen Vlieses die Creme der gesamthabsburgischen adeligen Elite.

Georg Ludwig von Sinzendorf, Träger des Goldenen Vlieses, als Hofkammerpräsident, Kupferstich von Fr. von der Steen, um 1670 München, Staatliche Graphische Sammlung, Wien, Österreichische Nationalbibliothek

Halskette, Orden vom Goldenen Vlies, Kunsthistorisches Museum Wien

Der Orden vom Goldenen Vlies geht auf Herzog Philipp der Gute von Burgund zurück, der am 10. Januar 1430 anlässlich seiner Vermählung mit Prinzessin Isabella von Portugal diesen Ritterorden gestiftet hat um den Adel seines lose zusammengefügten Reiches stärker an sich und sein Haus zu binden, denn die Mitgliedschaft verpflich-tete zu absoluter Treue gegenüber dem Ordenssouverän.

Der an antiker Mythologie interessierte Herzog Philipp der Gute berief sich in der Wahl des Ordenssymbols -eines Widderfells (Vlies)- auf die griechische Sage von Jason und Medea und sah in der Argonautenfahrt von Jason ein Bild der Ritterlich-keit und Einigkeit.

Doch später verwarf man das heidnische Vorbild und wählte die Erzählung aus dem Alten Testament von Gideon, der als göttliches Zeichen dafür, dass er auserkoren sein, Israel vor seinen Feinden zu retten, von Gott das Wunder erbat, das Vlies eines Widders mit Tau benetzt vorzufinden, während der umgebende Boden trocken blei-ben sollte. Das Bild des vom Tau benetzten Vlieses wurde als Symbol der Unbe-fleckten Empfängnis und als Vorwegnahme der Verkündigung an Maria gedeutet.

Die Collane wurde vom Ordenssouverän verliehen und symbolisiert die Grund-vorstellung von der Gleichheit und Brüderlichkeit der Mitglieder dieses weltlichen Ordens, wobei die Ordenszugehörigkeit als starkes, heilige Band empfunden wurde.

Das Verbindende zeigt die Collane: Sie besteht aus lose ineinander gehakten Glie-dern, die sich erst durch ihren Zusammenschluss gegenseitig Halt geben und ein Ganzes bilden.

Durch die Heirat der burgundischen Erbin Maria von Burgund mit Maximilian I., dem späteren Kaiser, ging die Ordenssouveränität an die Habsburger über, die da-nach trachteten, den Ruhm und die Macht des Ordens vom Goldenen Vlies zu mehren und zu festigen. Unter Kaiser Karl V. wurde die Zahl der Mitglieder auf 51, später auf 60 bzw. 70 erhöht.

Im Jahre 1667 ernannte Kaiser Leopold I. (1658-1705) Graf Sinzendorf zum Hof-kammerpräsidenten. Die Wiener Hofkammer war die zentrale Behörde für das Finanzwesen in den Habsburger Ländern, die vorgesetzte Dienstbehörde für alle Länderkammern.

Sinzendorf gehörte kraft dieser politischen Funktion somit zum innersten Kreis um den Monarchen und war als Gemeiner Rat des Kaisers und Mitglied in der Geheimen Konferenz einer der höchsten Amtsträger am Hof. Sinzendorf hatte direkten Zugang zum Kaiser, der in allen wichtigeren Angelegenheiten die letzte Entscheidungsinstanz darstellte.

Neben seinen Aufgaben am Hof in Wien erhielt Sinzendorf 1672 die Stelle des Böhm-ischen Kammer-präsidenten und wurde damit Statthalter von Böhmen in Prag.

Georg Ludwig von Sinzendorf, Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Georg Ludwig von Sinzendorf (1616-1681) mit der Krone des Heiligen Römischen Reiches bei der Kaiserkrönung Leopolds I. in Frankfurt am 1. August 1658, Simon Peter Tilemann (Lemgo 1601-1668/70 Wien) zugeschrieben. Wien nach 1658, Öl auf Leinwand, Deutsches Historisches Museum, Gemälde, Öl, Leinwand, Ölmalerei, Höhe: 200 cm, Breite: 117 cm, Tiefe: 5 cm (mit Rahmen), Maler: Simon Peter Tilemann (zugeschrieben)

Georg Ludwig von Sinzendorf, Österreichische Nationalbibliothek, Die Reichskrone in der Wiener Schatzkammer

Georg Ludwig von Sinzendorf durfte im Jahr 1658 bei der Kaiserkrönung Leopold I. in Frankfurt die Reichskrone tragen. Leopold I. (reg. 1658-1705), der zweite Sohn des habsburgischen Kaisers Ferdinand III. (reg. 1637-57), folgte nach einem 15-monatig-en Interregnum, seinem Vater als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches auf den Thron.

Im Inneren verfolgte der hochgebildete und den Künsten zugeneigte Herrscher eine Politik, die auf der katholischen Gegenreformation, Ausdehnung seiner österreich-ischen Kernlande sowie Zentralisierung und Straffung der Verwaltung basierte.

Leopolds Außenpolitik konzentrierte sich darauf, die Habsburger Macht im Reich nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg wieder zu stärken, die einfallenden Osmanen aus Österreich und Ungarn zu vertreiben sowie einen langwierigen Kampf gegen die expansionistischen Unternehmungen des französischen Königs Ludwig XIV. (reg. 1661-1715) zu führen, der im Spanischen Erbfolgekrieg von 1701-1714 gipfelte.

Kaiserkrönung von Leopold I. in Frankfurt, Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz, Staatsbibliothek Berlin

Das Bild zeigt die Festlichkeiten anlässlich der Kaiserkrönung in und um den Frank-furter Römer. Frankfurt war seit 1147 Schauplatz der Krönungsbankette deutscher Könige gewesen.

Seit 1562 wurden auch die Krönungsbankette der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches dort abge-halten. Die beiden Szenen finden im Römer statt, dem historischen Frankfurter Rathaus. Die Szene links zeigt die Kaiserproklamation.

Der Bildtext lautet, „Leopoldus König in Hung: und Böhm., wird allhie zum Römischen König erklärt”. Die Szene rechts zeigt die eigentliche Krönung. Der Bildtext lautet, „Abbildung wie Ihro Kaijserliche Maij: gecrönt worden”.

Kaiserkrönung von Leopold I. in Frankfurt, Kupferstich aus Bd. 8 des Theatrum Europaeum, herausgegeben von dem Schweizer Künstler Matthäus (Mathias) Merian dem Älteren (1593-1650) und dem Jüngeren (1621-87), ca. 1693, Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz, Staatsbibliothek Berlin

Die untere Hälfte des Stichs zeigt den Römerplatz nach der Prozession und vor dem begleitenden Fest-mahl, wo ein großer Ochsen am Spieß in der Küchenhütte im Vordergrund zu sehen ist.

Die Bildüberschrift lautet, „Römer Platz, Allwo nach geschehener Krönungs Procession. Die He. Churfürsten Ihro Erb Äempter verrichten”. Der Römer, ein Komplex aus drei gotischen Gebäuden mit Stufen-giebeln, ist im Hintergrund (Mitte) zu sehen.

Graf Sinzendorf, ein Freund und Förderer der Kapuziner in Passau

Graf Sinzendorf war ein Freund und Förderer der Kapuziner in Passau, denen die Betreuung der Wallfahrtskirche Maria Hilf anvertraut war. Das Kapuzinerkloster war im Jahr 1616 gegründet worden. Oftmals waren die Kapuziner Gäste auf Schloss Neuburg.

Klostergebäude der Kapuziner nach Lukas Kilian

Das Passauer Kapuzinerkloster unterhalb von Maria Hilf

Im Kloster ließ Sinzendorf eine eigene, den 14 Nothelfern geweihte Begräbniskapelle errichten und ließ seine erste Frau Anna Regina, die 1660 in Linz gestorben war, von dort überführen. Dabei orientierte sich Sinzendorf an der Grablege in dem von ihm gestifteten Kloster beim Familienbesitz in Gföhl zu Jaidhof im Waldviertel, 20 km entfernt von Krems an der Donau.

Dieses Grab in der Kapuzinerkirche mit dem Altar aus Salzburger Marmor mit vier Säulen und zwei marmornen Statuen stammt von dem Salzburger Bildhauer Wolf Weißenkirchner (1639-1703) und steht jetzt in der Pfarrkirche der Donaugemeinde Winzer, Landkreis Deggendorf.

Der Hochaltar, der 1675 von Wolf Weißenkirchner aus Adneter Marmor für 1488 fl. Gulden angefertigt worden war, war nach Aussage des kurfürstlichen Bilder-Galerie-Inspectors Johann Georg von Dillis (1759 – 1841) „ein prächtiger Altar, der es verdiente, in der ersten Kirche Roms aufgestellt zu werden.“ Im Jahr 1662 wurde das Kapuzinerkloster durch den großen Stadtbrand schwer beschädigt. Mit großzügiger finanzieller Unterstützung von Graf Georg von Sinzendorf, dessen Frau 1660 in der Kapuzinerkirche ihre letzte Ruhestätte gefunden hatte, konnten Kloster und Kirche in der Innstadt bis 1668 neu errichtet werden. Neben den finanziellen Mitteln spendete Sinzendorf auch Baumaterial, vor allem Ziegel aus den beiden Ziegeleien der Grafschaft Neuburg. Außerdem versorgte er die Mönche mit Wein, Getreide und Wildbret. Da die Kapuziner oftmals Gäste auf Schloss Neuburg waren, wurde ein Zimmer im Erdgeschoss des Nordflügels der Hauptburg in den Schlossbeschreib-ungen auch Kapuzinerstübchen genannt.

Nach Aufhebung des Klosters wurde der Altar aus der aufgelassenen Passauer Grabkapelle der Grafen von Sinzendorf des Kapuzinerkirche angekauft und mittels Zille auf dem Wasserweg nach Winzer transportiert. Allein der Transport und die Auf-stellung kosteten 600 fl. Gulden. Im Auftrag Sinzendorfs malte der Passauer Maler Georg Urtlmayr (+1689) für das Kapuzinerkloster neun Passionsbilder und ein Altar-bild der Vierzehn Nothelfer für die Kapuzinerkirche in der Innstadt.

Pfarrkirche Winzer mit dem Hochaltar der Kirche des Passauer Kapuzinerklosters

1678 kopierte Urtlmayr ein altes Marienbild, wahrscheinlich von Lukas Cranach, das im Passauer Dom als „Maria mit der Kirsche“ besonders verehrt wird.

Georg Urtlmayr,“ Maria mit der Kirsche“, Dom zu Passau

Graf Sinzendorf als Förderer der Kapuziner in Passau, Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung, Porträtsammlung, Inventar-Nr. PORT_00124221_02

„Ill[ustrissimus] ac EXCELL[entissimus] DOMINUS DOMINUS GEORGIUS LUDUVICUS SAC:[acri] ROM[omani] IMP[erii] THESAVRARIUS | HAEREDITARIUS [Erbschatzmeister] COMES DE SINZENDORF, COMES IN THANNhausen & Neoburgi ad Oenum, Liber Baro in Ernsprun, Superioris Austriae Pincerna haereditarius [d. i. Erbschenk von Oberösterreich], nec non aurei Velleris Eques, Sac: Caes: Maiest: Consiliarius intimus, Camerarius & Aulicae Camerae supremus Praeses,& c. Una cum IIInia Domina Conjuge Anna Regina nata baronissa Jörgerin. Et Dorothea Elisabetha, Haerede Nordvegiae Ducissa Holsatiae, Stormar: & Dietmars, Comitissa de Oldenburg,-Delmenhorst, Monasterium Capucinorum S. Francisci cum Ecclesia Anno Millesimo Sexcentesimo Sexagesimo Secundo, die Vigesima semptima Aprilis per universale totius Urbis Passaviensis incendium funditus exustum in singularissimum beneficentiae argumentum Capucinis totum propriis sumptibus denuo a fundamentis erexit ac Ecclesiam electa inibi Sepultura in Sacello ad hoc specialiter erecto, in honorem B.V. immaculatae consecrari fecit. die Vigesima quarta Aprilis, Anno MDCLXVII.
Der Erlauchte und Hocherhabene Herr, Herr Georg Ludwig, des Heiligen Römischen Reiches Erbschatzmeister, Graf Sinzendorf. Graf von Tannhausen und Neuburg am Inn, Baron (Freiherr) in Ernsbrunn, Erbmundschenk des Oberen Österreich und dazu Ritter des Goldenen Vlieses, der Heiligen Kaiserlichen Majestät Geheimer Rat, Kämmerer und Oberster Präsident der Hofkammer usw. hat zusammen mit der Erauchten Frau Gemahling Anna Regina, geborene Baronin (Freifrau) Jörger, und mit Dorothea, Erbin Norwegens, Herzogin von Holstein, Stormarns und Ditmarschen (und) Gräfin von Oldenburg-Delmenhorst – das Kloster der Kapuziner des heiligen Franziskus mit der Kirche, welches dieses Kloster im Jahre sechzehnhundert-zweiundsechzig am 27. April durch einen alles verheerenden Brand der gesamten Stadt Passau bis auf den Grund zerstört worden war, zum einzigartigen Beweis seiner Wohltätigkeit für die Kapuziner zur Gänze mit eigenen Mitteln von Grund wieder errichtet und er hat die Kirche, nachdem in ihr ein Grab in einer dazu eigen er-richteten Kapelle ausgewählt worden war, zur Ehren der unbefleckten seligen Jung-frau Maria weihen lassen, am 24. April des Jahres 1667.

Publikationen zur Geschichte der Neuburg