18. Station: Die Mariensäule

18. Station: Die Mariensäule

Die 17 Meter hohe Mariensäule aus Granit und Sandstein gehörte zum Kalvarienberg und seinen Kreuzwegstationen und war Teil der der Sakrallandschaft zwischen Schärding und Passau. Sinzendorf erhielt die Mariensäule, die in Wien stand, von Kaiser Leopold I. zum Geschenk und stellte im Jahre 1667 die für die Geschichte der Habsburger Länder so symbolträchtige Mariensäule auf dem Gebiet seiner Grafschaft Neuburg auf.

Die Mariensäule ist ein Kind der Gegenreformation. Die Jungfrau Maria, die hoch erhoben auf der Mariensäule steht, spielte im barocken Heiligenhimmel der Habsburgermonarchie eine Hauptrolle. Unter dem Einfluss von Maria von Bayern (1551-1606), der Gemahlin Erzherzogs Karls II. von Innerösterreich (1540-1590), wurde ihr Sohn, Kaiser Ferdinand II. (reg.1617-1637), zu einem glüh- enden Marienverehrer, der Maria als seine „Generalissima“ und als „das oberste Kriegshaupt“ seiner Heere anerkannte und zudem Marienbilder an die Fahnen seiner Heere heftete. Sein Sohn Ferdinand III. (reg.1637-1657) und sein Enkel Leopold I. (reg.1658-1705) taten es ihm gleich.

Die Heilige Jungfrau erfüllte in Österreich wie auch in Bayern die Rolle einer Schutzpatronin und Fürsprecherin des Landes; insofern war sie so etwas wie die oberste Befehlshaberin der gegen- reformatorischen Streitkräfte.

In formaler Anknüpfung an antike Triumphsäulen wurden in allen katholischen Ländern Mariensäulen als „Siegesstelen der kämpfenden Kirche“ gestiftet. Angeregt von der römischen Säule ließ Kurfürst Maximilian I. von Bayern (reg. 1597-1623) auf dem Markt seiner Residenzstadt München der „Patrona Bavariae“ ein „Monumentum“ errichten.

Münchener Mariensäule gestiftet von Kurfürst Maximilian I. von Bayern (reg. 1597-1623)

Im Jahre 1645 befand sich der Wiener Hof in einer verzweifelten militärischen Lage, denn Wien war bedroht, nachdem die beiden Donaustädte Krems und Stockerau von schwedischen Soldaten geplündert worden waren. Am 6. März 1645 wurde die kaiserliche Armee in der Schlacht bei Jankau, etwa 60 km südöstlich von Prag vernichtend geschlagen. Für die siegreiche, von kaiserlicher Seite her schwer unterschätzte schwedische Armee unter Lennart Torstensson, war somit der Weg nach Wien frei.

Während die Schweden auf Wien zumarschierten, gelobte Kaiser Ferdinand III. am 29. März 1645 im Rahmen einer Bittprozession, auf einem öffentlichen Platz eine Mariensäule zu Ehren der Immaculata, der von ihrer Mutter Anna ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria, zu errichten, auf dass die Muttergottes Wien vor den Schweden beschützen möge.

In der Tat scheiterte die Einnahme Wiens und das schwedische Heer zog im Oktober 1645 wieder ab. So wurde den Wiener Jesuiten die Aufgabe zur Schaffung der Säule übertragen, bezahlt wurde sie jedoch zur Gänze aus der kaiserlichen Hofkammer. Die Bildhauerbrüder Tobias und Johann Jacob Pock
(1604-1651), erhielten den Auftrag für die Säule. Tobis Pock schuf den Entwurf nach dem Vorbild der Münchener Mariensäule und Johann Jacob Pock (1604-1651), der 1647 auch den Hochaltar für den Wiener Stephansdom vollendete, war für die Ausführung verantwortlich.

Im Frühjahr 1647 hatte Johann Jacob Pock die Säule schließlich fertiggestellt, am 18. Mai wurde sie unter Anwesenheit Kaiser Ferdinands III. und seiner Familie, des päpstlichen Nuntius sowie dem gesamten Adel mit geistlicher und weltlicher Obrigkeit eingeweiht.

Während die Münchner Mariensäule vom Darstellungstypus die Tradition des Gnadenbildes von Maria Loreto – mit Jesuskind am Arm auf einer Mondsichel stehend – verkörpert, wurde für die Wiener Säule der gegenreformatorische Darstellungstypus der Immaculata Conceptio gewählt.

Während die Münchner Mariensäule vom Darstellungstypus die Tradition des Gnadenbildes von Maria Loreto – mit Jesuskind am Arm auf einer Mondsichel stehend – verkörpert, wurde für die Wiener Säule der gegenreformatorische Darstellungstypus der Immaculata Conceptio gewählt.

In der Mitte der Säule erhebt sich die korinthische Säule an der Basis mit Cherubsköpfen, am Schaft mit Lorbeerzweigen geschmückt. Auf dem reich verzierten Kapitell (Adler und Fruchtfestons) steht die Immaculata-Statue als Verkörperung der Unbefleckten Empfängnis, triumphierend auf der von der Schlange umwundenen Weltkugel. Sie hat die Hände betend zusammengelegt und ist umgeben von den Sonnenstrahlen, ihr zu Füßen liegt der Halbmond.

Die an den Ecken der Plattform kämpfenden Putti stehen im Kampf mit vier als Tiere dargestellten Menschheitsplagen. Der Löwe verkörpert den Krieg, der Basilisk Pest, Tod, Teufel, Todsünde (Wollust, Neid, Hochmut) und den Antichristen.

Der Drache steht für den Hunger und die Schlange für Unglauben und Ketzerei.

Allegorisch beziehen sich die vier geharnischten Putti auf den Psalmvers 90, Vers 11-13, den König David in einem ergreifenden Hohen Lied des Gottvertrauens anstimmt. „Gott hat seinen Engeln deinet-wegen befohlen, dich zu behüten auf all deinen Wegen; sie sollen auf ihren Händen dich tragen, dass an keinem Stein stoße dein Fuß; schreiten kannst du auf Nattern und auf Schlangen, zertreten wirst du Löwen und Drachen.“

Die Mariensäule stellt ein eindrucksvolles Symbol des kämpfenden und triumphierenden Katholizis- mus dar, der „ecclesia militans“.

Das Bild Marias auf der Mariensäule hat einen militant antiprotestantischen Charakter, weil es auf eine Siegessäule gesetzt war. Diese Assoziation wurde noch dadurch verstärkt, weil die Mariensäule im Mai 1647 von Kaiser Ferdinand III. (1608-1657) öffentlichkeitswirksam vor der „Kirche am Hof“, dem Professhaus der Jesuiten, aufgestellt worden war.

Zehn Jahre nach der Einweihung, 1657, starb Ferdinand III., die von ihm gestiftete Säule sollte noch weitere zehn Jahre Am Hof stehenbleiben, bis sie 1667 sein Sohn und Nachfolger, Kaiser Leopold I. an den Grafen Georg Ludwig von Sinzendorf als Schenkung übergeben wurde.

Dieser ließ die steinerne Säule auf dem Wasserweg die Donau und den Inn aufwärts nach Wernstein am Inn transportieren und am Innufer aufstellen, wo sie ein Teil des Kalvarienberges wurde.

Sinzendorf wählte als neuen Standort für die Mariensäule bewusst die Grafschaft Neuburg. Er präsentierte sie am Innufer neben der Burg Wernstein. Mit der Wahl des Standortes verrät Sinzendorf sein Gespür für die architektonische und propagandistische Wirkung dieser bedeutungsvollen Säule in der Landschaft am Unteren Inn. An dieser Stelle konnte sie von allen Schiffsreisenden auf dem viel befahrenen Inn, einer europäischen Wasserstraße, wahrgenommen werden.

Damit befriedigte Graf Sinzendorf sein Repräsentationsbedürfnis, machte seine Stiftungs-frömmigkeit öffentlich und unterstrich seinen Rang und seine Nähe zum Kaiser auf ganz besondere Weise.

Die Rechnungen der Grafschaft aus den Jahren 1668 und 1670 nennen die Kosten für den Transport bis zur Einweihung und Stiftung. Der Schiffsmeister Ferdinand Hemb erhielt für den Transport von Wien nach Wernstein 180 Gulden. Der gräfliche Mautner zu Wernstein, dem der Grund gehört, bekam 5 Gulden.

Ein Passauer Baumeister steckte die Grundfesten aus, ein Neuburger Maurer brach den Felsen aus. Die Reparaturen an der Säule teilten sich ein Passauer und ein Neuburger Bildhauer. Der Passauer Johann Säntz fertigte die Engelsflügel aus Eichenholz, der Neuburger Wolf Gerauer Ausbesserungsarbeiten an der zerbrochenen Bildhauerarbeit.

Für die kupfervergoldete Krone auf dem Haupt der Immaculata werden in Passau 22 Gulden bezahlt. Der Maler Georg Urtlmeyer, der auch die Bilder für die Kreuzwegstationen gemalt hat, machte die Vergoldung für die Immaculata.

Weiters ließ Sinzendorf an der Säule Inschriften anbringen, die den Werdegang der Säule bis zur Aufstellung in Wernstein schildern, wobei er nicht unerwähnt ließ, dass dies für ihn „sumptuosis impensis statuit“, also „mit hohen Kosten“ verbunden war.

zwei Herrschaftswappen von Georg Ludwig Graf von Sinzendorf

Er hat auch an der Vorderseite zwei Herrschaftswappen von Georg Ludwig Graf von Sinzendorf und Inschriften angebracht, die von ihrer Geschichte, den Titeln des Grafen Sinzendorf und seinem speziellen religiösen Anliegen erzählen.

Ein Tischler, ein Schlosser und ein Glaser aus Passau stellen die acht Fensterrahmen für die Laternen her. Die Untertanen stellten für das Heraufziehen der Säule vom Schiff zum Aufstellungsstandort ihre Zugochsen zur Verfügung und erhielten zusammen ein „Spitzl“ Bier.

Im Juni 1670 wird das Gerüst nach zweijähriger Arbeitsdauer abgetragen. Zum Abschluss macht Sinzendorf eine Stiftung, die besagt, dass an allen Samstagen, an den Vorabenden der Frauenfeste und an diesen selbst abends vor der Säule eine Litanei gebetet werden sollte. Noch im Jahr 1670 trifft dazu die Zustimmung des Passauer Bischofs ein. Die erste Litanei vor der Säule hält am 8. Dezember 1670 der Konvent von Vornbach, der für Seelsorge in der Grafschaft zuständig war.

Da es sich um eine Stiftung handelt, werden auch von den Rechtsnachfolgern des Grafen diese Beträge weiterbezahlt. In späteren Jahren hat der Pfarrer von Wernstein diese Aufgabe übernommen.

Inschriften an der Mariensäule

Gegen den Inn:

„Diese Statue hat Ferdinand III., röm. Kaiser, allzeit Mehrer des Reiches, zu Ehren der ohne Makel empfangenen Gottesmutter im Jahr 1647 am 18. Mai auf den Platze „Am Hof“ zu Wien aufrichten lassen, und Leopold I. röm. Kaiser, siegreicher Erbe der väterlichen Frömmigkeit, hat im Jahre 1667 am 18. Dezember an ihrer Statt eine Statue aus Erz gesetzt.“

Gegen die Burg:

„Durch kaiserliche Huld erhielt jene Statue zum Geschenke der erlauchteste Herr Georg Ludwig, des Heiligen Römischen Reiches Erbschatzmeister, Graf von Sinzendorf, Graf von Thonhusen und Neuburg am Inn usw., oö, Erbmundschenk, Ritter des Goldenen Vlieses, St. Kais. Majestät Geheimer Rat und Oberst-Kämmerer.“

Gegenüber der Innseite:

„Er ließ dieselbe an diesem Platze seiner Herrschaft und seines Gebietes, das ihm durch Majorat und Fidei-Kommiß zugehört, mit großen Kosten aufstellen, damit in Herz und Mund bleibend fortbestehe die Andacht zu Maria und das kaiserliche Gelöbnis für seine Nachfolger und Untertanen über die jährliche Feier des Festes der Unbefleckten Empfängnis der seligsten Jungfrau Maria und über das am vorhergehenden Tage zu haltenden Fasten.“

Votum – Gelübde:

„Allmächtiger, ewiger Gott, durch den die Könige regieren, in dessen Hand alle Gewalt und die Rechte aller Reiche sind, ich, Georg Ludwig ́, vor Deiner göttlichen Majestät in Demut hingestreckt, rufe und nehme heute an, in meinem Namen sowie im Namen meiner Nachfolger und im Namen meiner Grafschaft, die unbefleckte Mutter Deines Sohnes zur besonderen Gebieterin und Schutzfrau. Überdies gelobe und verspreche ich, das Fest der Unbefleckten Empfängnis derselben, welches auf den 8. Dezember fällt, feierlich auch für das Volk jedes Jahr zu begehen und dasselbe mit einem kirchlichen Fasttage in der Vigilie des Festes zu heiligen. Ich bitte Dich, o höchster Herrscher des Himmels und der Erde, der Du, was Deiner Mutter dargebracht wird, so ansiehst, als ob es Dir selbst dargebracht wäre, Du wolltest diese mein Gelübde, das Du mir einzugeben Dich gewürdigt hast, mit gnädigem Wohlgefallen aufnehmen und zu meinem, meines Hauses und meiner Untertanen Schutz die Rechte Deiner Majestät auszustrecken. Amen.“

Als Ersatz für die Mariensäule, die jetzt in Wernstein steht, ließ Kaiser Leopold I. eine neue Mariensäule 1667 Am Hof in Wien aufstellen, die von dem kaiserlichen Stückgießer Balthasar Herold (1620-1683) nach Entwürfen des Theaterarchitekten Lodovico Ottavio Burnacini (1636-1707) aus Erz gegossen war.

Mariensäule Am Hof in Wien

Die Wiener Mariensäule, Balthasar Herold (1620-1683) nach Entwürfen des Theaterarchitekten
Lodovico Ottavio Burnacini (1636-1707)

Mariensäule geschaffen 1677-1679 von Philipp Küsel, Silber, vergoldet, Eisenkern, Emailmalerei, Smaragde, Rubine, Amethyste, Granate, Türkise, grüne Chrysolite, Perlen, Kunsthistorisches Museum Wien

Als Zeichen seiner ausgeprägten Marienfrömmigkeit ließ Kaiser Leopold I. vom Augsburger Goldschmied Philipp Küsel eine 129 cm hohe Nachbildung aus vergoldetem Silber für seine Schatzkammer anfertigen, die mit über 3.000 Edelsteinen und Perlen besetzt sowie mit Emailmalerei verziert ist. Die Mariensäule steht auf einer quadratischen Grundfläche, die von vier Löwen getragen wird. Wie bei seinem Vorbild erhebt sich über Stufen eine Balustrade.

Auf den Ecksockeln stehen Rauchfass schwingende Putti, auf den mittleren Sockeln befinden sich gegenreformatorische Heilige. Aus der umzäunten Mitte steigt ein Sockel mit verkröpften Eckpfeilern auf. Darauf stehen vier geharnischte Putti, die jeweils die zu ihren Füßen liegenden Gegner, Schlange, Drache, Basilisk und Löwe, bekämpfen. Hier manifestiert sich in allegorischer Form der Kampf gegen Pest, Krieg, Hunger und Ketzerei.

Zwischen den Putti steigt eine Säule empor, auf deren Kapitell Maria steht. Zu ihren Füßen liegt ein von einem Pfeil durchbohrter Drache. Die unbefleckt empfangene Jungfrau wird so zur Bezwingerin des Satans, das katholische Prinzip siegt über die Feinde der Kirche.

Dass die außergewöhnliche Goldschmiedearbeit am kaiserlichen Hof nicht nur als religiöses Repräsen-tationsobjekt, sondern auch als besonderes Kunstkammerstück geschätzt wurde, wird daran erkenn-bar, dass sie, aus der “kleinen geheimen Schatzkammer” stammend, abwechselnd in der Weltlichen und in der Geistlichen Schatzkammer Aufstellung fand.

Als Ersatz für die Mariensäule, die jetzt in Wernstein steht, ließ Kaiser Leopold I. eine neue Mariensäule 1667 Am Hof in Wien aufstellen, die von dem kaiserlichen Stückgießer Balthasar Herold (1620-1683) nach Entwürfen des Theaterarchitekten Lodovico Ottavio Burnacini (1636-1707) aus Erz gegossen war.

Richard Pietzsch, 1929

Conrad Felixmüller, Aquarell, 1932