6. Station: Maler zu Besuch im Künstlererholungsheim, Teil 2
6. Station: Maler zu Besuch im Künstlererholungsheim, Teil 2
Weihnacht (1929) von Hans Metzger (1879-1957)
Eingang zur Mälzerei auf Schloss Neuburg in der Vorburg
Von dem Maler Hans Metzger (1879-1957) stammt eine Künstlerkarte „Weihnacht“. Ganz deutlich ist darauf der überdachte Eingang der Mälzerei in der Vorburg zu sehen.
Tatsächlich hat Hans Metzger im September 1929 seinen Urlaub auf im Künstler-erholungsheim Schloss Neuburg verbracht, wie sein Eintrag im Gästebuch beweist.
Eintrag von Hans Metzger ins Gästebuch des Künstlererholungsheimes Schloss Neuburg für den 2. September 1919
In der Mälzerei gab es behaglich ausgestattete Zimmer für die Künstlerinnen und Künstler, die im Künstlererholungsheim Schloss Neuburg ihren Urlaub verbracht haben.
Das von Hans Metzger bewohnte Zimmer in der Mälzerei
Der malerische Eingang zur Mälzerei, durch den der Maler während seines mehr-wöchigen Urlaubs täglich ein- und ausging, wird ihm so gefallen haben, dass er dieses Motiv für die Krippenszene verwendet hat.
Das Leben des Malers Hans Metzger
Hans Metzger wurde 1879 in Egenburg (Gemeinde Pfaffenhofen an der Glonn, Landkreis Dachau) als Sohn des Fassmalers Max Metzger geboren und übernahm den Beruf seines Vaters. Seit 1902 studierte er an der Akademie der Bildenden Künste München und arbeitete dann als Freskenmaler. Gleich zu Beginn des 1. Weltkrieges 1914 wurde Metzger zum Militär einberufen. Bei den Schlachten um Verdun verlor Metzger sein linkes Bein. Er bekam eine Beinprothese und musste sich beim Gehen auf einen Krückstock stützen. Dadurch gehandikapt gab er die Arbeit als Freskenmaler auf und war als Kunstmaler tätig. Hans Metzger starb am 16. Dezember 1957 in München und wurde auf dem Ostfriedhof begraben.
Künstlerkarte Weihnacht von Hans Metzger aus dem Jahr 1929
Die Künstlerkarte „Weihnacht“ von Hans Metzger
Die Künstlerkarte „Weihnacht“ von Hans Metzger muss in ihrer künstlerischen Darstellungsweise aus der Zeit des Entstehens im Jahr 1929 verstanden werden. Dominierten im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts avantgardistische Motive und Utopien die bildende Kunst und führten über »Das Geistige in der Kunst« zu einer expressiven, abstrakten Ausdrucksweise, so änderte sich die Sichtweise nach dem 1. Weltkrieg deutlich. Die Künstler, die das Grauen des Krieges erlitten hatten, malten Bilder in einer nüchterne Bildsprache und in einer figürlichen Dar-stellung. »Es gilt die Dinge zu sehen, wie sie sind«, so formulierte Otto Dix (1891-1969) seinen künstlerischen Anspruch, das Einfache und Banale, der Alltag in nüchterner Bildsprache, alle Facetten des Lebens, Arm und Reich in ungewöhnlichen Perspektiven künstlerisch auszudrücken.
Erstmals wurden Bilder der neuen, wieder figürlichen Darstellung 1925 in der Städtischen Kunsthalle Mannheim unter dem Namen »Neue Sachlichkeit« gezeigt. Bald bezeichnete dieser Begriff allgemein die Bildende Kunst in der Weimarer Zeit zwischen 1918 und 1933, eine moderne Stil-richtung, die eine sachliche und realistisch-veristische Wiedergabe ihres Bildgegen-stands anstrebt.
So ist auch diese weihnachtliche Szene vor dem schneebedeckten Eingang zur Mälzerei aus dem Jahr 1929 künstlerisch einzuordnen, in dem Jahr, als die Weltwirt-schaftskrise zu hoher Arbeitslosigkeit, Armut und Verelendung führte.
Das Künstlererholungsheim auf Schloss Neuburg war erst im Jahr 1922 eröffnet worden, ein Hoffnungszeichen für Kulturschaffende in dieser von quälender wirt-schaftlicher Unsicherheit geprägten Zeit nach dem 1. Weltkrieg.
Viele Künstler waren in den sog. „Goldenen Zwanziger Jahren“ von Armut bedroht, nur wenige konnten vom Verkauf ihrer Bilder leben. Tantiemen aus dem Repro-duktionsgeschäft verhießen eine bessere Einnahmequelle. So ist die Entstehung dieser gedruckten und im Handel vertriebenen Künstlerkarte zu erklären, mit der Hans Metzger Einnahmen erzielen wollte.
Das Bildmotiv „Weihnacht“ mit der Krippenszene beschreibt auch Hans Metzgers im Krieg erlittenes Schicksal als Kriegsinvalider. Der Mann ohne Kopfbedeckung auf der linken Seite hat einen Krückstock in seiner rechten Hand, ihm zur Linken ein kleines Mädchen. Hier hat sich Hans Metzger selbst als Kriegsinvalider in diese Weihnachts-szene eingebracht, er, der das Grauen vor Verdun erlebt und sein linkes Bein verloren hat, er, der seitdem eine Beinprothese trägt und auf den Krückstock angewiesen ist.
Die hell erleuchtete Krippenszene zeigt das Jesuskind in der Futterkrippe liegend, ein Zeichen für die ärmliche Herkunft des Erlösers. Maria blickt zu dem auf die Erde gekommenen Gottessohn. Wie bei allen Mariendarstellungen üblich hat der Maler die Gottesgebärerin, Mittlerin und Fürsprecherin der Menschen vor Gott, in ein blaues Gewand gehüllt. Die Farbe Blau verknüpft als Zeichen des Himmels Göttliches und Irdisches und verkörpert Glauben, Wahrheit, Reinheit und Treue. Als Zeichen der Demut trägt der Ziehvater Josef ein braunes Gewand.
Auch ein Esel blickt zum neugeborenen Jesus in die Krippe und bezeugt die Anwesenheit Gottes. Der Esel und auch der Ochse sind seit frühchristlicher Zeit bedeutungsvoller Bestandteil der bildlichen Darstellungen der Geburtsgeschichte Jesu, obwohl sie in den Berichten von der Geburt Christi (Matth.2 und Luk.2) gar nicht vorkommen. Lediglich im Pseudo-Matthäus werden sie erwähnt, der aber erst im 6./8. Jh. redigiert wurde. Trotzdem erscheinen die beiden Tiere bereits in frühester Zeit an der Krippe des Christuskindes, auch ohne Maria und Joseph.
Die Kirchenväter, Ambrosius, Augustinus und andere, haben den Stier als Sinnbild des Judentums, den Esel als Sinnbild des Heidentums verstanden. Erstmals bezieht der Kirchenschriftsteller Origines (185-254) die Prophetenstelle aus Jes. 1,3 auf die Geburt Christi: „Ein Ochse (Rind) kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn…“ Gregor von Nazianz (um 329-390, einer der vier großen griechischen Kirchenlehrer der Alten Kirche, schreibt dazu: „Zwischen dem jungen Stier, der an das (jüdische) Gesetz gespannt ist und dem Esel, der mit der Sünde des (heidnischen) Götzendienstes beladen ist, liegt der Gottessohn, der sie von beiden Lasten befreit.“ Aus diesem Grund sind „Ochs und Esel“ ins Weihnachtsbild geraten. Die junge Kirche sieht in diesen Tieren eine Erfüllung alttestamentlicher Weissagungen.
Typologisch-gleichnishaft stehen sie als die ersten Zeugen des biblischen Weih-nachtsgeschehens an der Krippe, noch bevor die jüdischen Hirten vom Feld und die heidnischen Magier aus dem fernen Osten das Kind anbeten.
Im 13. Jahrhundert, das geprägt ist von der Mystik der Franziskaner, werden neben Maria und Joseph, Hirten und Königen „Ochs und Esel“ liebend, anbetend und dienend in die Weihnachtsgeschichte mit einbezogen.
So entsteht das von den Franziskanern geschaffene und noch bis heute vielgeliebte Andachtsbild: „Mit Maria und Joseph zusammen beugen (auch) Ochs und Esel die Knie und strecken die Schnauze in die Krippe, schnaufend… als wüßten sie, dass das so ärmlich gewickelte Kind der Wärme bedürfe.“
In vielen Krippen sind Ochs und Esel nur noch Zubehör des nächtlichen Stalles innerhalb einer idyllischen Weihnachtsszenerie.
Ganz nahe an der Krippe kniet ein Mädchen mit gefalteten Händen. Ihm gegenüber bläst ein Mann eine Schalmei, das alte Instrument der Hirten, die nach den Berichten der Evangelien als erste zur Krippe eilten. Von rechts kommt eine Familie ehrfürchtig anbetend zu diesem heiligen Geschehen hinzu: der Vater, die Mutter mit gefalteten Händen, ein kleines und ein größeres Mädchen mit weißem Kopftuch.
Der Frankfurter Maler Carl Dörrbecker (1894-1983) malt die Neuburg
Carl Dörrbecker, 1934, Digitale Sammlung Städel Museum, Frankfurt,Besuch der Kunstgewerbeschule in Frankfurt am Main bei Prof. Luthmer, Schüler von Wilhelm Altheim, Studium an der Städel-Akademie bei Prof. Andreas Egersdörfer und Studium an der Münchner Akademie bei Max Doerner, tätig in Frankfurt am Main,
Schicksalswege in der Zeit des Nationalsozialismus: Anpassung, Verfemung, Berufsverbot, Vernichtungslager
Margarete Schneider-Reichel (1891-1944) „An die Künstlerschaft auf der Neuburg“, Aquarell, 54,5/38,5 cm monogrammiert, 1931, Förderkreis Neuburg/Inn
Im Gästebuch des Künstlererholungsheimes Schloss Neuburg findet sich eine Illustration, die vom Besuch der Passauer Liedertafel für den 7. Juni 1931 um 5 Uhr nachmittags „mit hundert Jungfern“ ankündigt, die „bei fröhlichem Sange gern einen Humpen leeren möchten“. Gestaltet hat dieses Blatt die Passauer Malerin Margarete Schneider-Reichel. Sie hat ein umfangreiches künstlerisches Werk hinterlassen: Ölgemälde, Aquarelle, Druckgrafiken und Buchillustrationen.
Mondän zeigt sich Arztgattin Antonia Birkenkopf im Ölporträt von 1930. Bemerkenswert die fein gestalteten Details (Hände, Halskette, Blumen).
Sie war eine gefragte Portraitmalerin, expressive Gestalterin von religiösen Themen und eine gesellschaftskritisch – satirische Zeichnerin, die die Bandbreite der künst-lerischen Richtungen in ihrer Zeit aufsog und in verschiedenen Techniken fantasie-voll verarbeitete, bis sie in den Sog des Nationalsozialismus geriet.
Die Künstlerin engagierte sich schon vor 1933 für die nationalsozialistische Be-wegung und war als politische Funktionärin in der NSDAP-Frauengruppe in Passau aktiv. Sie war ab 1930 NSDAP Mitglied, 1931 Gründungsmitglied der Passauer Frauengruppe der NSDAP, von 1935 bis 1938 war sie Ortsfrauenschaftsleiterin und von 1936 bis zu ihrem Tod im Jahr 1944 Kreisfrauenschaftsleiterin.
Verworrene Gedanken, Aquarelle laviert 1915
Bischof Sigismund Felix Freiherr von Ow-Felldorf, 1927, Öl auf Leinwand
Wegen dieser öffentlichen Funktionen in der NSDAP hat man bislang eine intensive Auseinandersetzung mit ihrer Kunst gescheut und sie im Kunstbetrieb totge-schwiegen, obwohl Schneider-Reichel eine qualitätvolle Malerin war und Werke in einer Vielfalt von Techniken und Themen sozialkritischen und religiösen Inhalts hinterlassen hat, auch reizende illustrierte Kinderbücher.
Sie zeichnete und malte die Laster ihrer Zeit; in ihren Traumvisionen ist sie nahe bei Kubin. Nach der Machtergreifung kommt es dann zu einem Themenwandel.
Es gibt einige programmatische Arbeiten im Sinne der NS-Kunstpropaganda, doch vieles an ihrer Malkunst ist nicht NS-konform.
Ihre Werke nach 1933 malte sie für sich und ihren familiären Umkreis. Margarete Schneider-Reichel gehörte nicht zu den vom NS – Regime protegierten Künstlern wie Arno Breker, Josef Thorak und Adolf Ziegler.
Margarete Schneider-Reichel, Ehrenbürgerurkunde für Reichskanzler Adolf Hitler, 1933, Stadtarchiv Passau,
Margarete Schneider-Reichel, Ehrenbürgerurkunde für Reichspräsident Paul von Hindenburg, 1933, Stadtarchiv Passau
Hans Toepper (1885-1965)
Hans Toepper (1885-1965),„Grausame aber Wahrhaftige Historia“, Aquarell mit Schriftsatz, 54/38,5 cm, signiert, Juni 1929, mit den beteiligten Personen: Fritz Urschbach (1880-1969), Richard Pietzsch (1872-1960), Paul Rosner (1875-1956), Hermann Mühlen (1886-1964), Albert Bitterlich (1871-1960), Förderkreis Neuburg e.V.
Im Aquarell „Grausame aber Wahrhaftige Historia“ aus dem Jahr 1929 portraitiert Hans Toepper (1885-1965) seine Malerkollegen Fritz Urschbach (1880-1969), Richard Pietzsch (1872-1960), Hermann Mühlen (1886-1964), Albert Bitterlich (1871-1960) und Paul Rosner (1875-1956) beim lustigen Ritterspiel. Paul Rosner und seine Frau gehörten 1922 schon zu den ersten Besuchern des Künstlererholungs-heimes.
Als 1933 das Dritte Reich errichtet wurde, arrangierten sich diese sechs Künstler in unterschiedlicher Weise mit der neuen politischen Situation.
Hans Toepper, der schon in den Zwanzigerjahren verklärende Schlachtenge-mälde der Weltkriegsgeneräle Paul von Hindenburg (1847-1937) und Erich Ludendorff (1865-1937) geliefert hatte, wurde zum glühenden Verehrer Hitlers.
Hans Toepper, Portrait Adolf Hitlers von Hans Toepper
Ein Ölbild von Toepper mit der Darstellung Hitlers, der Parteiabzeichen trägt, wurde als offizielle Reproduktion des Regimes zu einem der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Hitlerporträts.
Verfemung, Berufsverbot
Ernst Fritsch (1892-1965)
Der Berliner Maler Ernst Fritsch (1892-1965), Mitglieder der Berliner Secession, besuchte im Juni 1930 die Neuburg und erkundete die Umgebung mit Frau und Kind: „Fritsch (mit Weib und Kind) haben sich gefreut 3 schöne Wochen auf der Neuburg verbringen zu können.“
Fritsch, der 1927 den „Rompreis“ der Preußischen Akademie der Künste erhalten hatte, erhielt 1933 Ausstellungsverbot, auch wurden am 20. März 1933 bei der Gemäldeverbrennung in Berlin ein Großteil seiner Werke vernichtet.
Ernst Fritsch (1892-1965), Künstler mit Familie, Aquarell, 54/37,5 cm, signiert, datiert 31.VII.30 1930, bezeichnet: E. Fritsch (mit Weib und Kind)
Ernst Fritsch, Selbstportrait, Öl auf Leinwand, 1927
Ernst Fritsch, (1892-1965) Herrenpartie, 1929
Otto Schoff (1888-1938)
Otto Schoff (1888-1938), Selbstbildnis, Aquarell über Bleistift, 54/38,5 cm, signiert, um 1929, bezeichnet: „am letzten Tag auf der Neuburg“
Von dem in Bremen geborenen Malers Otto Schoff (1884-1938) besitzt der Förder-kreis Neuburg e.V. ein ausdrucksstarkes Selbstbildnis, das ihn Pfeife rauchend „am letzten Tag auf der Neuburg“ zeigt. Schoff, der 1913 gemeinsam mit George Grosz (1893-1959) im Atelier Coarossi in Paris Unterricht im Aktmalen nahm, war vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten auf dem Weg zu einer glanzvollen Karriere. Seine zentralen Themen waren Erotik sowie männliche und weibliche Homosexua-lität.
Otto Schoff, „Siesta“ Zwei weibliche Akte in erotischen Posen“
1922 schmückte er das Buch „Fahrensleute“ von Joachim Ringelnatz (1883-1934) mit zehn Kaltnadelradierungen (Düsseldorf 1922). 1928 illustrierte er mit fünf hand-kolorierten Radierungen „Das Buch Marathus, Elegien der Knabenliebe“ des römischen Schriftstellers Albius Tibull (55 v. Chr.-19 n. Chr.) in der Nachdichtung des Schriftstellers Alfred Richard Meyer (1882-1956) alias Munkepunke (Gurlitt, Berlin 1928).
Als nach 1933 jede freiheitliche Regung des Gedankens und der Fantasie erstickt und der Vernichtungsangriff auf die Moderne und ihre Protagonisten gestartet wurde, entflohen viele Künstler vor der künstlerischen Bevormundung ins Exil. Die Künstler, die in Deutschland blieben, wurden öffentlich geschmäht.
Zu ihnen gehörte auch Otto Schoff, weil er das Thema der Homosexualität von Männern und Frauen in seinen Werken thematisiert hatte. Obwohl Hermann Göring seine Werke sammelte, war Schoff ab 1935 vermehrt Repressalien ausgesetzt. Er erhielt Malverbot und wurde vom öffentlichen Kunstleben ausgeschlossen. Er zählte zu den „entarteten“ Künstlern.
Die Gestapo durchsuchte 1938 sein Atelier in Berlin und beschlagnahmte weitere Kunstwerke. Einen Tag darauf starb Schoff im Alter von 54 Jahren an einem Herz-infarkt, seine Verlobte Ilse Thäns beging Selbstmord. Schoffs Kunst geriet in Ver-gessenheit.
Vernichtungslager
Elisabeth Hausmann (1881-1961)
Elisabeth Hausmann, Abschied von der Neuburg, Aquarell, Neuburg 27.8.1930. Mit einer Texttafel, Dora Bromberger, Elisabeth Hausmann, Hilde Dörner, Henny Bromberger, Aquarell 54/38,5 cm, signiert, Neuburg 27.8.1930
Abgebildet sind Elisabeth Hausmann (1881-1961, Mitte rechts), Hilde Dörner (links), Emmy Klinker (1891-1969, vorne rechts), und die Aquarellmalerin Dora Bromberger (1881-1942, hinten) aus Bremen, die sich am 30. Juli zusammen mit ihrer Schwester Henny Bromberger ins Gästebuch eingetragen hat. Dora Bromberger (1881-1942) war jüdischer Herkunft und wuchs in einer Bremer Künstlerfamilie mit ihren Geschwistern Siegfried und Henny auf, die 1888 im Bremer Dom evangelisch getauft wurden.
Der Vater David (1853-1930) war ein bekannter Chorleiter, Komponist und Pianist, der auch zahlreiche Kontakte zu Musikern seiner Zeit, unter anderem zu Johannes Brahms pflegte. Ihre Schwester Henny (1882-1942) wurde Pianistin, musste aber nach 1933 wegen ihrer jüdischen Abstammung auf ihre Konzert – und Lehrtätigkeit verzichten.
Die Schwestern Dora und Henriette Bromberger
Dora Brombergers Werk bestand aus Aquarellen und Landschaften im expressio-nistischen Stil. Bis 1933 beschickte sie regelmäßig Ausstellungen. Nach 1933 musste sie trotz der in ihrer Kindheit erfolgten Konversion zum evangelischen Glauben Re-pressionen erdulden.
Dora Bromberger, Blumenstillleben mit Tasse, Vorfrühling, Öl auf Leinwand
Nach 1933 musste sie trotz der in ihrer Kindheit erfolgten Konversion zum Während der Bruder Siegfried 1939 nach Kuba emigrierte, wurden die beiden Schwestern Dora und Henriette (Henny) Bromberger 1941 ins Ghetto der weißrussischen Stadt Minsk deportiert, wo sie im Wehrmachtslazarett arbeiteten.
Nach den Massenexekutionen vom 28. bis 31. Juli 1942, bei denen bei der Räumung des Ghettos in Minsk rund 30.000 Juden ermordet wurden, verliert sich ihre Spur im Vernichtungslager Maly Trostinez. In Bremen ist den beiden Schwestern im Rahmen des Projektes „Stolperstein“ ein solcher Gedenkstein gewidmet.
Gedenksteine für Dora und Henriette Bromberger, Bremen
Der Komponist und Pianist Dr. James Simon (1880-1944)
Dr. James Simon (1880-1944)
Zu den jüdischen Künstlern, die das Künstlererholungsheim mehrmals besuchten, zählt auch der Berliner Komponist, Pianist und Musikschriftsteller James Simon (1880-1944). Simon schrieb rund 100 Lieder, Chorwerke, und Kammermusik im spätromantischen Stil sowie die Oper „Frau im Stein“, die 1925 uraufgeführt wurde.
Dr. James Simon, Eintrag ins Gästebuch vom 10.8.1929
Der Aufenthalt auf der Neuburg muss für den Komponisten befruchtend gewesen sein, weil er sich am 10. August 1929 mit folgendem Satz ins Gästebuch einträgt: „Hier war ich wie verzaubert und verwunschen, schrieb 13 Nummern meines „Pilger-morgens“, 9 Chöre und 4 Soli.“ Diese Kantate für Sopran, Tenor, Bariton, Chor und Orchester, die 1930 vollendet war, blieb jedoch Manuskript und wurde nie aufge-führt.
1933 emigrierte er über Zürich nach Amsterdam, konzertierte mit der Geigerin Alma Rose´ und gab dort Privatunterricht. 1941 wurde er dort verhaftet und in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo er das Musikleben in diesem Ghetto mitgestaltete, biblische Psalmen vertonte und Vorträge hielt. Am 12. Oktober 1944 wurde er nach Ausschwitz verladen und starb kurz nach seiner Ankunft in der Gaskammer.
Das Gedenken an Dr. James Simon und aller Musiker, die im Ghetto Theresienstadt lebten und starben, wird auf der Internetplattform „Music and the Holocaust“ auf-rechterhalten. Auch das Leben und das musikalische Schaffen von Dr.Simon James, dem jüdischen Komponisten und Pianisten aus Berlin, wird dort beschrieben.